Full text: Geschichte des Altertums (Teil 1)

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Das Altertum. Die orientalischen Völker. 
auf der Ostküste wird ausdrücklich als phönikische Stadt genannt; der Fluß 
Jardan bei Kydonia trug denselben Namen wie der Hauptfluß Kanaans, 
und die mythische Geschichte Kretas weist deutlich auf ehemalige phönikische 
Herrschaft. Auf den Kykladen und andern Inseln treten neben den Phöni- 
kern die Kar er auf, die ihnen als Söldner, Ruderer und Arbeiter gedient 
zu haben scheinen; sie verschwinden mit den Phönikern vor dem Andränge 
der Griechen. Im Lakonischen Meerbusen wurden die besten Purpurmuscheln 
gefunden; daher ließen sich die Seefahrer auf der felsigen Insel Kythera 
nieder, und auch dort stieg mit ihnen die „schaumgeborene" Göttin aus dem 
Meere ans Land.^ 
Im Jonischen und Adriatischen Meere kennen wir keine phönikischen Nieder- 
lassungen, doch tiefuhren sie auch diese Meere und holten bei den Venetern 
den vom Baltischen Meere zu Lande herab geführten Bernstein. Sicilien ent- 
deckten sie wie Malta (Melite) und Gozzo (Gaulos) von der nordafrikanischen 
Küste aus und legten hier wie in Sardinien und Korsika eine Menge von 
Faktoreien an, die sie in wenige größere zusammenzogen, als ein Strom der 
griechischen Auswanderung seine Richtung nach Westen nahm. Phönikisch 
waren sicher Motye, auf einer Insel an der Westseite Siciliens, den Ägaten 
gegenüber, Eryx; das Vorgebirge des Melkart an der Südküste (Heraklea 
Minoa), Soli (Soloi) an der Nordküste und Machanath (Panormus). 
Der Hauptschauplatz der phönikischen Kolonisation war das nordafrika- 
nische Küstenland. In Ägypten zwar hatten die fremden Kaufleute nur zu 
Memphis ein Quartier, und von der ägyptischen Küste bis zur Großen Syrte 
findet sich keine phönikische Kolonie genannt; von da an aber beginnt die 
erstaunliche Reihe derselben, die sich bis Tingis (Tanger) erstreckte und von 
da sich am nordwestlichen Rande bis gegen Senegambien fortsetzte. Waren 
auch die meisten dieser Kolonien keine unmittelbaren Gründungen der Phö- 
niker, so verdankten ihnen doch beide Leptis, Groß-Leptis im heutigen Tripoli, 
Klein-Leptis etwas nördlich von der Kleinen Syrte, sowie Hadrumetum, Utika, 
Hippo und das um 800 von lyrischen Auswanderern gegründete Karthago, 
das schon als Kambe (Kakkabe) vor 1200 v. Chr. von Sidoniern angelegt 
war, ihren Ursprung. Karthago, vielleicht — Elissa (daher der Name der 
Gründerin Elissa), berufen, dereinst mit Rom um die Weltherrschaft zu ringen, 
wuchs auf Kosten von Tyrus, wie dieses etwa 400 Jahre früher durch Sidons 
Mißgeschick emporgekommen war. 
Sidons Blütezeit hatte jedenfalls schon um 1600 v. Chr. begonnen 
und litt nicht durch den Einbruch der Israeliten in Kanaan unter Josue. 
Ein unglücklicher Krieg mit den Philistern aber hatte eine sidonische Aus- 
Wanderung, wahrscheinlich aus den Städten der Küstenebenen Sephela und 
Saron, zur Folge.
	        
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