Full text: Die Geschichte Württembergs

§. 30. Der Bauernkrieg und seine Folgen. 
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mit Selbsthilfe, an Erfahrung und Bildung tief unter ihren Herren stehend und 
häufig geführt von Leuten, die von unlauteren Beweggründen geleitet waren, 
machten die Bauern nur vereinzelte und darum ohnmächtige, krampfhafte An- 
strengungen, das verhaßte Zoch abzuwerfen. Hätten sich gleich von Anfang an 
alle die verschiedenen Haufen unter einen gemeinsamen tüchtigen Befehlshaber ge- 
stellt, wie es deren auch einige gab, und hätten sie während deS Kriegs Fühlung 
unter einander behalten, so wären sie sicher im Stande gewesen, ihre Dränger 
zu besiegen; so aber wurden sie die Beute ihrer Feinde, die in geschlossener 
Reihe auftraten und deswegen mit größerem Nachdruck als die zerstörungSfüchtigen 
Bauern kämpften. — In Oberschwaben und im Hegäu sammelten sich 
4 — 5000 Bauern. Mit diesen setzte sich Ulrich, dem auS der Schweiz und 
dem Elsaß Truppen zugezogen waren, in Verbindung und brach dann vom Hohent- 
wiel aus in's Land herein. Der Feldhauptmann deS Schwäbischen Bundes, 
Georg Truchseß von Wald bürg, genannt der Bauernjörg, zog ihm ent- 
gegen und schlug einen Theil. Ulrich aber zog, obgleich 4000 Mann ihn ver¬ 
ließen, über Balingen und Rosenfeld und besetzte Herresberg, Siudelstngen, Böb¬ 
lingen, Leonberg. Stuttgart wurde beschossen. Plötzlich wurden die Schweizer 
heimgerufen, und so mußte Ulrich wieder zurück. Einige Monate später versuchte 
er die Eroberung deS Landes nochmals mit den Bauern, aber vergeblich. Die 
Bauer n um Weingarten, d er Se eh aufen, hatten ihre Forderungen in 
12 Artikeln abgefaßt, welche sehr gemäßigt waren und die Predigt nach dem 
Worte Gottes, freie Wahl der Pfarrer, Freiheit der Jagd und des Fischfangs, 
Ermäßigung der Frohnen und Abgaben verlangten. — Im Fränkischen bil¬ 
dete sich „der schwarze Haufen", unter der Anführung von Florian Geyer; 
mit ihm verband sich das „christlich evangelische Heer" desJäcklin Rohr- 
b a ch bei Heilbronn. Sie nahmen die 1 2 Artikel der oberschwäbischen Bauern 
an. Füisten, Herren und Edle mußten sich ihren Forderungen anschließen, denn 
nur so Konnten letztere ihr Leben und Eigenthum wahren. Die fränkischen und 
Odenwälder Bauern rückten nun über das Kloster Schönthal vor, plünderten 
das Kloster Lichtenstern und zwangen die Grafen von Hohenlohe v), es 101 Jahr 
lang mit ihnen zu halten. Dann stürmten sie am Osterfest 1525 Stadtund 
Schloß Wein 66erg. 
Man rathfchlagte, was mit den gefangenen Rittern zu thun sei. End- 
lich befchloßen die Bauernhauptleute, die Herren fämmtlich hinzurichten, „um dem 
Adel ein sonderbar Entsetzen und Furcht einzujagen". „Die Müßiggänger brauchen 
nicht zu leben", hieß es; und so wurden sie denn, 70 an der Zahl, „durch die 
Spieße gejagt", d. h. sie mußten durch zwei Reihen Bauern gehen und wurden 
VOn ^'selben mit Spießen erstochen 2). Dann zog der Hause nach Heilbvonn, 
wo Wendel Hippler 12 Artikel verfaßte, in denen die Bauern die Frei- 
heit deS großen deutschen Reichs unter einem Kaiser, Gleichheit in Münze, Maß 
und Gewicht, freien Verkehr, deutsches Volksrecht, Abschaffung der Leibeigen- 
1) Die Grafen von Hohenlohe und Löwenstein wnrden gezwungen, vor den Bauern 
zu deren Belustigung wiederholt die Hüte herunterzuziehen, und ein Bauer der aus 
alter Gewohnheit vor dem Grafen, von Löwenstein sich neigte, bekam sogleich einen Schlag 
mit der >pellebarte. ' a 
ZT. r alte Quacksalberin, „die schwarze Hofinännin", riß den Leichnam des 
©rasen Ludwig von Helfenstein auf und schmierte mit seinem Fett ihre Schuhe. 
Staigcr, Geschichte Württembergs. g
	        
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