Erster Abschnitt. Die franz. Revolution , Napoleon I. u. die Freiheitskriege (1789 —1815). 27
auf den kleinen Leuten, den unfreien Bauern, den Tagelöhnern,
Handwerkern, Krämern, während der Adel, die Geistlichkeit und
sonstige privilegierte Reiche von der drückendsten Steuer, der
Taille, einer Grund- und Einkommensteuer, befreit waren.
c) Trotz dieses Steuerdrucks wuchs die Staatsschuld und der
jährliche Fehlbetrag (Deficit) im Staatshaushalt ins Ungeheure, so
dafs der Staatsbankerott unabwendbar schien. Zum Teil trug
hieran die Schuld Frankreichs Beteiligung am Siebenjährigen
Kriege (§ 19a) und seine Unterstützung des Aufstandes der nord¬
amerikanischen Kolonien gegen England (1773 —1783).
Als nämlich England, um seine Staatsschuld zu verringern,
seine Kolonien in Nordamerika nach dem Frieden von 1763 zu
besteuern versuchte, erhoben sich diese unter Georg Washington
und Benjamin Franklin (dem Erfinder des Blitzableiters), be¬
gannen gegen das Mutterland den Krieg, erklärten sich am
4. Juli 1776 für unabhängig und erkämpften infolge der Unter¬
stützung durch die französische Regierung und zahlreiche Frei¬
willige — unter ihnen befand sich auch der junge Marquis La¬
fayette — ihre Unabhängigkeit. Sie bilden seitdem als „Vereinigte
Staaten“ eine Bundesrepublik unter einem auf 4 Jahre gewählten
Präsidenten.
d) Zum finanziellen Zusammenbruch Frankreichs trug auch
die am Hofe herrschende Verschwendung bei, mit der sich
eine grofse, die Verachtung aller ehrenwerten Leute herausfor¬
dernde Sittenlosigkeit paarte, von welcher alle höheren Gesell¬
schaftsschichten ergriffen wurden. Ludwig XV., als Kind auf den
Thron gekommen, von dem Regenten Philipp von Orleans zur
Lasterhaftigkeit erzogen, liefs sich von sittenlosen Weibern, wie
der Marquise von Pompadour, beherrschen.
e) Die in Staat, Gesellschaft und Kirche waltenden Ver¬
hältnisse riefen eine allgemeine Unzufriedenheit hervor, als in der
Litteratur gegen dieselben immer stärkere Angriffe unternommen
wurden. Man bezeichnet diese auf die Befreiung von dem über¬
all herrschenden Druck und die Herbeiführung besserer Zustände
gerichteten Bestrebungen als die „Aufklärung“. Voltaire be¬
kämpfte, teilweise mit den Waffen treffenden Witzes, aber auch
geifernden Spottes, nicht blofs die Verfolgungssucht der katholischen