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Römische Geschichte.
Gaius Sempronius Gracchus zum Yolkstribunen wählen und
setzte eine Reihe von Gesetzen zugunsten der Armen durch. Er
erneuerte das Ackergesetz des Tiberius; ferner sollte regelmäßig
an arme Bürger vom Staate Getreide zu einem äußerst geringen
Preise verteilt werden; auch sollten zur Versorgung der Armen
Kolonien außerhalb Italiens gegründet werden, zunächst eine
solche auf dem Boden des zerstörten Karthagos.
Durch diese Gesetze gewann sich Gracchus die Gunst des
armen Volkes; aber auch denjenigen Teil der Reichen zog er
auf seine Seite, welcher keinen Zutritt zu den Ämtern hatte; das
waren Großkaufleute, man nannte sie „Ritter“. Er setzte nämlich
durch, daß die Rechtspflege, die in den Händen der Optimalen
lag, den Rittern übertragen wurde.
Seine Beliebtheit beim Volke aber büßte Gracchus bald
darauf ein, als er beantragte, daß den italischen Bundesgenossen
volles Bürgerrecht erteilt werde; in solchem Falle glaubten
nämlich die römischen Proletarier bei den Getreideverteilungen
zu kurz zu kommen.
Als über das endliche Schicksal der in Aussicht genommenen
Kolonie abgestimmt werden sollte, kam es zu einem Straßen¬
kampfe. Gracchus verschanzte sich mit seinen Anhängern auf
dem Aventin. Die Optimalen stürmten den Berg; und als
Gracchus sah, daß alles verloren sei, ließ er sich 121 von einem
seiner Sklaven töten. Die Adelspartei hatte gesiegt.
Ihre Verderbnis trat in den nächsten Kriegen, die Rom
zu führen hatte, grell hervor.
II. Das Zeitalter des Marius und Sulla.
A4. 1. Der Jugurthinische Krieg 111—106.
Der Nachfolger Masinissas, des Königs von Numidien (§ 87),
Mikipsa, hatte sein Reich unter seine beiden Söhne Adh6rbal
und Hiömpsal und seinen Neffen Jugurtha, der sich durch Tapfer¬
keit und ritterliche Tugenden des Oheims Liebe erworben hatte,
geteilt. Aus Herrschsucht ermordete dieser den Hiempsal, überzog
Adherbal mit Krieg und bedrängte ihn so sehr, daß er sich
an Rom um Hilfe wandte. Doch Jugurtha bestach mehrere
römische Feldherren, die zur Untersuchung der Angelegenheit