Full text: Deutsche und preußische Geschichte von Friedrich dem Großen bis zur Gegenwart (Teil 4)

Erster Abschnitt. Die franz. Revolution, Napoleon I. und die Freiheitskriege. 29 
auf den kleinen Leuten, den unfreien Bauern, den Tagelöhnern, 
Handwerkern, Krämern, während der Adel, die Geistlichkeit und 
sonstige privilegierte Reiche von der drückendsten Steuer, der 
Taille, einer Grund- und Einkommensteuer, befreit waren. (La 
taille = der Einschnitt; vgl. Äccise, lit § 60). 
c) Trotz dieses Steuerdrucks wuchs die Staatsschuld und der 
jährliche Fehlbetrag (Deficit) im Staatshaushalt ins Ungeheure, so 
dafs der Staatsbankerott unabwendbar schien. Zum Teil trug die 
Schuld hieran Frankreichs Beteiligung am Siebenjährigen Kriege 
(§ 19a) und seine Unterstützung des Aufstandes der nordame¬ 
rikanisch en Kolonien gegen England^(1773 —1783)|_ 
/ Als nämlich England, um seine Staatsschuld zu verringern, 
seine Kolonien in Nordamerika nach dem Frieden von 1763 zu 
besteuern versuchte, erhoben sich diese unter Georg Washington 
und Benjamin Franklin (dem Erfinder des Blitzableiters), began¬ 
nen gegen das Mutterland den Krieg, erklärten sich am) 4. Juli 1776 j 
für unabhängig und erkämpften infolge der Unterstützung "dürcF 
die französische Regierung und zahlreiche Freiwillige — unter 
ihnen befand sich auch der junge Marquis Lafayette — ihre Unab¬ 
hängigkeit. Sie bilden seitdem als „Vereinigte Staaten“ eine 
Bundesrepublik unter einem auf 4 Jahre gewählten Präsidenten.) 
d) Zum finanziellen Zusammenbruch Frankreichs trug auch 
die am Hofe herrschende Verschwendung bei, mit der sich 
eine grofse, die Verachtung aller ehrenwerten Leute herausfordernde 
Sittenlosigkeit paarte, von welcher die höheren Gesellschaftschichten 
ergriffen wurden. Ludwig XV., als Kind auf den Thron gekommen, 
von dem Regenten Philipp von Orleans zur Lasterhaftigkeit er¬ 
zogen, liefs sich von sittenlosen Weibern, wie der Marquise von 
Pompadour, beherrschen. 
e) Die in Staat, Gesellschaft und Kirche waltenden Ver-§ 
hältnisse riefen eine allgemeine Unzufriedenheit hervor, als in der 
Litteratur gegen dieselben immer stärkere Angriffe unternommen 
wurden. Man bezeichnet diese auf die Befreiung von dem über¬ 
all herrschenden Druck und die Herbeiführung besserer Zustände 
gerichteten Bestrebungen als die „Aufklärung“. Voltaire be¬ 
kämpfte, teilweise mit den Waffen treffenden Witzes, aber auch 
geifernden Spottes, nicht blofs die Verfolgungssucht der katholischen
	        
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