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Der Korse machte seinen älteren Bruder Joseph zum König von
Neapel, den jüngeren, Ludwig, zum König von Holland. Die kleinen
Fürsten Südroestdeutschlands vereinigte er zu einem Rheinbunde; sie
mußten aus dem Reich austreten und für die Kriege ihres ,,Protektors"
jeder ein „Kontingent", eine bestimmte Anzahl Truppen stellen; zum ersten
Male wieder seit Jahrhunderten winkte den Süddeutschen die Bahn des
Kriegsruhmes.
Das Deutsche Reich war ausgelöst: Franz II. erließ die Erklärung, 1806
„daß Wir das reichsoberhauptliche Amt und Würde durch die Vereinigung
der konföderierten rheinischen Stände als erloschen und Uns dadurch von
allen übernommenen Pflichten gegen das Deutsche Reich losgezählt be-
trachten und die vonwegen desselben bis jetzt getragene Kaiserkrone und
geführte kaiserliche Regierung, wie hiermit geschieht, niederlegen".
Seit 1804 führte er bereits den Titel Kaiser von Österreich.
2. Königin Luise.
1. Im Frühling nach dem Verluste von Mainz rückten die Preußen
heran, um die Festung zurückzuerobern. In Frankfurt a. M., das die
Hessen den Franzosen wieder entrissen hatten, sahen der König und seine
Söhne die beiden jungen Prinzessinnen von Mecklenburg-Strelitz, die nach
dem frühen Tode der Mutter in dem benachbarten Darmstadt von der
Großmutter, der Prinzessin Georg, erzogen worden waren; der Vater
erbte ein Jahr später nach dem Hingang seines Bruders, den Fritz
Reuter als „Dörchläuchting" verewigt hat, den Strelitzer Thron. Die
liebliche Luise gewann im Fluge das Herz des Kronprinzen; und an
einem schönen Maitag kam sie mit ihrer Schwester Friederike, die
mit dem zweiten Königssohn verlobt worden war, ins Feldlager vor
Mainz, die „Altesse royale de mon coeur" zu besuchen: wie zwei himm-
tische Erscheinungen traten die blonden Fürstentöchter auch vor die Augen
Goethes, der seinen Herzog abermals in den Krieg begleitet hatte.
Noch im nämlichen Jahr zog die Kronprinzenbraut in Berlin ein 1793
unter dem Iubelgruß der Bevölkerung; an einer Ehrenpforte überreichten
junge Mädchen Blumen und Gedichte, und Luise umarmte und küßte die
Sprecherin. Im Weißen Saale des Königsschlosses geschahen am Vor-
abend des Weihnachtsfestes die beiden Trauungen; der märkische Edel-
knabe Achim von Arnim hat den Anblick der spätem Königin nie ver¬
gessen, „wie sie gesenkten Hauptes im Glanz ihrer Schönheit durch die
gedrängten Säle schritt".
Inmitten des genußsüchtigen Hofes baute sich nun das Kronprinzen-
paar, unbeschadet der Lebens- und Tanzlust der jungen Frau, sein häus-