Der Siebenjährige Krieg. 1756 unb 1757. V 55—63. 123
Da entschloß sich Friebrich wiberstrebenb, zu marschieren, um entroeber
ben Frieben zu retten ober eine feste Stellung zu gewinnen, ehe bie
Feinbe ihre Vorbereitungen vollenbeten. Er nahm Dresben ohne Wiber-
stanb unb schloß bie sächsische Streitmacht, bie ihm ben Weg nach Böhmen
sperrte, in ben Bergen ber Sächsischen Schweiz ein. Nachbem ein öfter-
reichisches Entsatzheer geschlagen worben war, mußten bie ausgehungerten
unb im Herbstlager frierenben Sachsen bie Waffen strecken. Den ^Gefangenen,
meist sächsischen Lanbeskinbern, nahm ber Sieger nach ber Sitte ber Zeit
ben Treueib ab, um sie, meist regimenterweise, seinem Heere einzuoer-
leiben; aber sie entliefen in Scharen.
Die Sachsen hatten, wie Friebrich klagte, ihm bie ganze Kampagne ver-
borben; ben Vorstoß nach Böhmen mußte er aufs Frühjahr verschieben.
Sachsen aber blieb in preußischen Hänben unb mußte neben ber schweren
Last ber Einquartierung einen großen Teil ber Kriegskosten aufbringen.
2. Beim Ausmarsch hinterließ Friebrich seinen Ministern ben bün-
bigen Befehl, wenn er falle ober gefangen werbe, ben Krieg ohne Rück-
ficht auf seine Person fortzusetzen; er bachte wie ber Lessingsche Königs-
fohn Philotas.
Der Sieg bei Prag war furchtbar blutig; in bem hochgebilbeten 1757
Felbmarfchall Schwerin beweinte bas Heer „ben größten General bes
Jahrhunberts". Prag würbe belagert; als Graf Daun zum Entsatz ber
Stabt heranrückte, suchte ihn Friebrich bei Kolin zurückzuwerfen. Er selbst
stanb im gefährlichsten Feuer: er sammelte eine kleine Schar unb ritt an
ihrer Spitze auf feinbliche Kanonen los, bie seine Regimenter zerrissen;
baß seine Solbaten umkehrten, merkte er nicht, bis fein Abjutant Major
©remt ihm zurief: ,,Sire, wollen Sie bie Batterie allein erobern?"
Da hielt er inne, betrachtete noch einmal durch fein Glas bie feinbliche
Stellung und ritt langsam zurück, um bie Befehle zum Rückzug zu erteilen.
Daun hatte Österreich gerettet; der Ruf von Friedrichs Unbesieg-
barkeit war bahin. Er mußte Böhmen räumen. Da kam noch bie Nach¬
richt vom Tobe seiner Mutter, an ber et mit ganzer Seele hing, unb
seines liebsten Freunbes Winterfelbt, ber in einem Gefecht in Schlesien
gefallen war. Sein Gemüt war aufs tiefste erschüttert; aber er blieb
sich selber treu :• als Voltaire ihm zum Nachgeben riet, antwortete er in
einem Gebicht, er müsse penser, vivre et mourir en roi.
3. Die mit ben Franzosen anrüdenbe Reichsarmee verscheuchte Frieb-
richs jüngster General, Seyblitz, burch verwegene Kriegslist aus Gotha.
Bei Roßbach ritt ber König selbst seinem Fußvolk zum Angriff voraus.
Da riefen ihm seine Wackern zu: „Aus bem Weg, Vater, baß wir schießen
können!" Unb balb, so melbete ber Reichsfelbherr bem Kaiser, „lief alles
wie Schafe baoon. Unser größtes Glück war, baß es Nacht geworben