Full text: Leitfaden der vaterländischen Geschichte für Schule und Haus

77 
Er hielt auch auf Zucht und einfache «Sitten, alles unsittliche 
Treiben ließ er streng »erfolgen und bestrafen, liederliches Gesindel 
aufgreifen und in die Zuchthäuser bringen. 
Friedrich Wilhelms Lebensart; das Tabakskollegium. 
Friedrich Wilhelm hatte von Anfang an nur einen geringen Hof¬ 
staat beibehalten: alles Ceremoniell war ihm ein lästiger Zwang; 
einfach in Kleidung, Lebensart und Umgang machte er es bald znr 
allgemeinen Sitte im Lande. Er liebte eine ungezwungene Unter¬ 
haltung, besonders des Abends, wenn er sich von den Mühen des 
Tages erholen wollte; täglich lud er eine Anzahl Generale, Mi¬ 
nister, Gesandte uni) andere Leute zu feiner Abendgesellschaft, wo 
bei der Pfeife Tabak, bei einem Kruge Bier und einfacher Kost die 
freieste Unterhaltung geführt wurde. Der König sprach da von 
seinen Plänen und Sorgen, und schüttete überhaupt vor seinen 
Vertrauten sein Herz aus, dort im Tabakskollegium durfte 
man ihm auch alles rund heraussagen. Neben den ernsten Unter¬ 
haltungen überließ man sich allerlei Späßen und Neckereien, be¬ 
sonders wurde durch den derben Witz des alten Dessauers der 
zwanglose Ton der Gesellschaft sehr erhöht. 
Kriege und Stellung zu den auswärtigen Mächten. 
In der auswärtigen Politik, wo ein gerader Sinn allein nicht 
immer dnrchhilft, fühlte sich Friedrich Wilhelm nicht recht heimisch, 
er ließ sich daher nicht gern darauf ein und vermied es, ohne Not 
in die Welthändel verwickelt zu werden. Wo es aber nicht zu um¬ 
gehen war, trat er mit Kraft und glücklichem Erfolg auf. Be¬ 
sonders gelang es ihm, in dem nordischen Kriege, den Karl XII 
von Schweden gegen Polen und Rußland führte, durch fein zeit¬ 
gemäßes , kräftiges Einschreiten Vorpommern zu gewinnen, 
welches der große Kurfürst vergeblich zu erwerben getrachtet hatte. 
Im Jahre 1720 wurde Stettin nebst dem Land zwischen 1720 
Oder und Peene und den Inseln Usedom und Wollt« 
von Schweden an Preußen abgetreten. 
Kaiser Karl VI war eifrig bemüht, feiner Tochter Maria 
Theresia durch die allgemeine Anerkennung der pragmatischen (Sank¬ 
tion die Nachfolge in feinen Erblanden zu sichern. Frankreich und 
England dagegen suchten einen Bund gegen Österreich zusammenzu¬ 
bringen und wandten sich deshalb auch an Friedrich Wilhelm; der 
König Georg von England stellte demselben die Heirat feiner Tochter 
mit dem preußischen Kronprinzen Friedrich in Aussicht, und es kam
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.