III. § 4. Die Pontifices, Augurn, Salier, arvalischen Brüder. 9
Zeiten (c. 150 v. Chr.). Die einzelnen Annalen
wurden danach in Bücher zusammengeschrieben,
und annalea maximi, etwa Hauptchronik, genannt.
Sie bildeten die erste Grundlage der römischen
Geschichte. Die ältesten Annalen gingen aber bei
dem Brande Roms^ durch die Gallier zu Grunde.
Die Pontifices hatten das heilige und
politisch wichtige Geschäft, den Bau und das
Abbrechen der Tiberbrücke*) zu leiten; da¬
her ihr Name Pontifices „Brückenbauer".
Sie verstanden das Geheimnis der Maße
und Zahlen. Sie bewahrten die von Numa
überlieferten Urkunden des geistlichen
Rechtes und führten den Kalender des
Staates, mußten dem Volke die Neu- und
Vollmond- und die Festtage ankündigen
lassen und hatten dafür zu sorgen, daß jede
gottesdienstliche sowie jede Gerichtshandlung
am rechten Tage vor sich gehe. Sie führten
mit einem Worte die O ber aufsicht über
den römischen Gottesdienst. Trotz
dieser umfassenden Befugnisse hatten die
Pontifices wie alle römischen Priester nicht
zu befehlen, sondern nur Rat zu er¬
teilen, nur dem Fragenden die Antwort
der Götter auszulegen. Sie mußten, wie
jeder andere römische Bürger, dem geringsten
Staatsbeamten Gehorsam leisten. Bei Todes¬
fällen ergänzten sich die Pontifices durch
Selbstwahl, der Pontifex Maximus wurde
durch Volkswahl aus ihnen genommen.
Die heiligen Gebräuche und Brandopfer wurden von besonderen
Priestern, den 3 Flarrnrres „Zündern" (je einem für Jupiter, für Mars
und für Quirinus) vollzogen. Später gab es noch 12 Flamines niederer
Ordnung für die anderen Götter.
Ein zweites Kollegium (Amtsgenossenschaft) der Geistlichkeit bildeten
die Augurn, deren es anfangs 4, später 6, noch später 15 und mehr
gab. Sie hatten die Aufgabe, den Willen der Götter zu erforschen, denn
der religiöse Sinn der Römer gestattete nicht, etwas Wichtiges zu unter¬
nehmen , ohne bte Götter zu befragen. Keine Volksversammlung wurde
gehalten, keine obrigkeitliche Person trat ihr Amt an, ohne die Augurn zu
befragen. Doch hatten die Augurn nicht wie die griechischen Seher die Zu¬
kunft vorherzusehen, sondern sie hatten aus gewissen Zeichen die Genehmigung
oder Mißbilligung der Götter für ein bestimmtes Unternehmen zu erkennen.
Sie beobachteten hauptsächlich den Flug und das Geschrei der Vögel, die
Blitze und das Fressen der heiligen Hühner. Auch den Zorn der Götter
hotten sie zu sühnen. Außer diesem Kollegium gab es auch noch viele Augurn
in Rom für das Privatleben.
Eine dritte Gruppe der Geistlichkeit waren die Brüderschaften,
*) Gegen die Feinde. Ursprünglich gab es nur eine einzige Brücke über den Tiber,
an welcher alles von Holz sein mußte.
Fig. 2.
Numa Pompilius, Skulpturarbeit
von Moitte, im Hose des Louvre
in Paris.