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Wir wollen, statt uns ein Register anzufertigen, den einen Block 
näher anschauen, bei dem wir soeben ein wenig halt gemacht. Die 
dreierlei Körner, aus denen er fest zusammengekittet ist, machen ihn 
leicht als ein Granitstück kenntlich. Die klaren, glasartigen Körnchen 
sind Kiesel oder Quarz, ganz derselbe Stoff, aus dem die Kiesel— 
steine und der Sand am Wege bestehen. Die rötlichgelblichen Teil— 
chen sind Feldspat und die dunklen, flimmernden Blättchen zwischen 
beiden Glimmer. 
Darüber, wie ein solcher Granit sich gebildet, wie sich die dreier— 
lei Gesteinssorten zu dieser innigen Kameradschaft vereinigt haben 
mögen, sind die gelehrten Leute noch verschiedener Meinung. Die 
einen halten es für wahrscheinlich, daß alle drei Bestandteile von 
alters im Innern der Erde bei außerordentlich hoher Glut geschmol— 
zen waren, dann an die Oberfläche hervorquollen und beim all— 
mählichen Erkalten diese Form annahmen. Andere hegen die Ansicht: 
die drei Bestandteile wären ehedem als feiner Schlamm aus dem 
Wasser niedergeschlagen worden, hätten sich nach und nach verhärtet 
und kristallinische Gestalt angenommen. Vielleicht haben sie beide 
nicht unrecht, denn es wäre ja möglich, daß mancher Granit der Feuers— 
glut, anderer der Beihilfe des Wassers seine Entstehung verdantt. 
Das eine ist sicher, nämlich daß der Granitblock hier bereits entstand, 
ehe ein Mensch auf dem Felde den Pflug wendete oder am blumigen 
Raine spazieren ging. Er ist ein alter Bursche, älter als Adam und 
Eva, der schon mancherlei Wunderbares durchgemacht haben mag, 
lange vorher, ehe das Moos und die Flechten sich auf seinem grauen 
Scheitel niederließen. 
Die Feuerleute (Plutonisten) und Wassermänner (Neptunisten) 
stimmen ferner auch darin völlig miteinander überein, daß ein solcher 
Granitblock nicht als ein einzelnes, frei daliegendes Stück entstanden 
sein kann, oben auf Lehmboden oder weicher Ackererde, er muß irgend— 
woanders seinen Geburtstag gefeiert haben und auf der Wander— 
schaft hierher gekommen sein. 
Tausende solcher Steinstücke liegen über die norddeutsche Tief— 
ebene zerstreut, in der gar nichts von Granitgebirgen zu sehen ist; 
höchstens erhebt sich hier und da ein Kalkzug, ein Sandsteinlager oder 
ein Hügel aus Kreidemergel. Wie kommen die harten Gesellen dort— 
hin? Darüber haben die Nordpolfahrer uns Auskunft gegeben. Ihnen 
begegneten im Grönländischen Meere große Eisschollen, die Hunderte 
von Steinblöcken auf ihrem Rücken trugen. Diese schwimmenden Eis— 
berge sind nicht etwa gefrorenes Meerwasser, sondern Stücke der 
mächtigen Gletscher an Grönlands Westküste, die „Kälber“ derselben, 
wie die Leute im Scherz sagen. Die Blöcke waren auf sie herabgerollt 
und wurden auf solchen gewaltigen Omnibussen mit fortgenommen 
zu einer Seefahrt — oft bis nach Neufundland. Schmelzen die Eis— 
berge endlich zusammen, so bleiben die Passagiere dort liegen, wo 
ihre kristallenen Schiffe zerflossen. Nun wogten über die gesegneten 
Felder und Fluren unseres Vaterlandes vor alters aber auch die
	        
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