Full text: Abriß der Weltgeschichte mit eingehender Berücksichtigung der Kultur- und Kunstgeschichte für höhere Mädchenschulen

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die wildesten Leidenschaften. Unterdessen hob die Nationalversammlung alle Vor- 
rechte des Adels und der Geistlichkeit auf, zog die Kirchengüter ein und beschränkte 
die königliche Macht aufs äußerste. Ein großer Teil des Adels, von aufständischen 
Volkshaufen in seiner Sicherheit bedroht, wanderte aus dem Lande (Emigranten). 
Endlich entfloh auch der bedrängte König mit seiner Familie aus der Hauptstadt. 
Aber er wurde unterwegs in dem Städtchen Varennes angehalten und nach Paris 
zurückgeführt (1791). Trotz der endlich festgestellten und vom Könige angenommenen 
Verfassung wurde die Bewegung immer heftiger. 
5. Die legislative Versammlung (Herbst 1791—Herbst 1792). Die neu 
zusammentretende legislative (d. i. gesetzgebende) Nationalversamm- 
lung ging namentlich unter dem Einflüsse der wilden Bergpartei darauf 
aus, das Königtum ganz abzuschaffen. Um dies mit einem Schlage zu erreichen, 
1792 erregten 1792 (10. August) die Jakobiner einen neuen entsetzlichen Aufstand: das 
königliche Schloß (die Tuilerien) wurde erstürmt, die königliche Leibgarde nieder- 
gemetzelt, der König mit dem Tode bedroht. Er suchte (mit seiner Familie) Schutz 
in der Nationalversammlung; aber diese ließ ihn ins Gefängnis (den Tempelturm) 
abführen. Die in den Kerkern schmachtenden Anhänger des Königtums, 1500 
Menschen, namentlich Priester und Edelleute, wurden in den fünftägigen söge- 
nannten Septembermorden (2.-7. September) grausam hingeschlachtet. Da 
nach diesen Vorgängen die Königsherrschaft und die bisherige Verfassung nicht 
weiter bestehen konnte, wurde zur Neugestaltung des Staatswesens der Zusammen- 
tritt einer neuen — der dritten — Nationalversammlung angeordnet. Es war der 
sogenannte Konvent. 
6. Feldzug der Österreicher und Preußen 1792. Die Revo- 
lution stürzte Frankreich in Krieg mit den meisten Ländern Europas. 
Zunächst bewirkten die Unruhen in Frankreich und die daraus für 
Deutschland hervorgehenden Gefahren ein Bündnis zwischen Ö st e r - 
reich und Preußen. In Österreich war auf Joseph II. sein Bruder 
Leopold II. gefolgt, der aber nur 2 Jahre regierte (1790—1792) 
und gerade starb, als ihm Frankreich (wegen der Kriegsrüstungen der 
Emigranten) den Krieg erklärte. Auf ihn folgte sein Sohn Franz IL, 
der letzte Kaiser des alten deutschen Reiches. Aus Frankreichs Kriegs- 
erklärung rückte ein preußisches Heer (unter dem Oberbefehl des Her- 
zogs von Braunschweig) in die Champagne ein, mußte sich aber, 
durch Krankheiten geschwächt, bald zurückziehen, worauf die Franzosen 
die unverteidigte Reichsfestung Mainz wegnahmen und die öfter- 
reichischenNiederlande (Belgien) eroberten. (Aufruf aller Völ- 
ker zur Freiheit: „Krieg den Palästen, Friede den Hütten!") 
§ 139. 
Der National-Ronvent. — Der erste Koalitionskrieg bis zum 
Frieden von Bafel. 
1. Der Nationalkonvent; Frankreich eine Republik 1792—1804. Der Na¬ 
tionalkonvent, der drei Jahre (1792—1795) an Frankreichs Spitze stand, er- 
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