§ 26. Das Zeitalter der großen Entdeckungen. 137
gemahnende, übertriebene Frömmigkeit trug Elisabeth von Thüringen,
die Witwe des Landgrafen Ludwig, zur Schau; sie vernachlässigte darüber
die Sorge für ihre Kinder. Die Kirche hat sie nach ihrem Tode (1231)
heilig gesprochen. Mit der Reformation regte sich auch bei den Frauen
vielfach der Wunsch, das Kloster zu verlassen, und viele haben ihm nach¬
gegeben. Luthers spätere Gemahlin, Katharina von,Bora, und die
beiden herzoglichen Schwestern Ursula und Apollonia von Münsterberg
sind die bekanntesten Beispiele. Von fürstlichen Frauen, die durch harte
Lebensschicksale wahre Dulderinnen wurden, nennt die Geschichte Elisabeth,
die Gemahlin Joachims I. von Brandenburg, und die andere Elisabeth,
die Gattin des 1567 entthronten Herzogs Johann Friedrich von Sachsen,
im 16. Jahrhundert. Eine durch Liebreiz und geistige Gaben hervorragende
Frau war die Augsburger Kaufherrntochter VLIlippine Welf ul die
Gattin des Erzherzogs Ferdinand und spätere Schloßherrin von Ambras in
Tirol (f 1580). Wir besitzen noch von ihrer Hand ein Aezeptbuch, ein
Kochbuch und einige Lieder -Kompositionen. Die Herrin des deutschen
Bürgerhauses war im 15. und 16. Jahrhundert dre Frau. Obwohl sie am
öffentlichen Leben keinen Anteil hatte, gedenken doch die Männer gern und
oft ihres „tugendhaften Weibes", und Hans Sachs hat in einem besonderen
Gespräch „Das Frawen Lob eines Biderweibs" besungen. Freilich gab
es auch lasterhafte und unwürdige Frauen, die die bürgerliche Gesellschaft
brandmarkte. Gedrückt blieb die Stellung der Frau in den unteren Ständen,
und die schlimmen Hexenverfolgungen trafen fast nur Unschuldige, entging
doch die hochbetagte Mutter eines Johannes Kepler mit genauer Not der
Verurteilung.
§ 26. Acrs 'geitaZtev ber großen Entdeckungen.
1. Die Fahrten der Portugiesen.
Italienische Seefahrer kannten den Kompaß bereits um die Mitte des
13. Jahrhunderts. Seit man durch seinen allgemeinen Gebrauch in den
Stand gesetzt war, mit weniger Gefahr in den offenen Ozean hinaus¬
zusteuern, begannen die Fahrten westwärts von der Straße von Gibraltar.
Seit 1360 benutzten die italienischen Schiffer auch Seekarten. Die
italienischen Seestädte hatten bisher über Ägypten die indischen Waren
bezogen. Als im Beginn des 16. Jahrhunderts dies Land in die Gewalt
der Türken fiel, war dieser Handelsweg verschlossen. Teils um den
Seeweg nach dem vermeintlichen Goldland Äthiopien zu suchen, mit
dessen Christen man in Verkehr treten wollte, teils um den nach Ostindien
zu finden, nahm man nun im 15. Jahrhundert planmäßig Entdeckungsreisen
über das Meer auf. Mim-Leinr_ick___von Portugals „der^Seefahrer^
(f 1460), sandte zuerst mehrere Kapitäne aus. Sie liefen u. a. Madeira,
das Grüne Vorgebirge und Guinea an. 1486 umsegelte Bartholomäus
Diaz das „Stürmische Vorgebirge", das sein König, Johann II., „Kap"
der guten Hoffnung" benannte. Dessen Hoffnung ging 1498 in Erfüllung,
als Vasco da Gama den Seeweg nach Ostindien entdeckte und auf der