Object: Geschichte Preußens in Einzelbildern

134 
Im neuen deutschen Reich. 
vertrat rr sogar den Lehrer, als dieser an das Krankenbett seiner entfernt 
wohnenden Mutter gerufen wurde. — In Potsdam gab das kronprinzliche 
Paar jährlich ein Kinderfest, an welchem die Bornstedter Jugend und 
andere Kinder teilnehmen durften. Bei solcher Gelegenheit hatten die er¬ 
schienenen Knaben und Mädchen durch Spielen und andere Veranstal¬ 
tungen einen sehr frohen Tag. Unter den Klängen munterer Tafelmusik 
erhielten alle kleinen Gäste Kaffee und Kuchen, und die Kronprinzessin, 
sowie die Prinzessinnen und Prinzen sorgten dafür, daß ein jedes 
Kind bedient wurde, während der freundliche Kronprinz unter der Jugend 
umherwandelte. 
Erntefest. Weihnachtsfest. Nach beendeter Ernte wurde den Be¬ 
wohnern von Bornstedt ein Fest gegeben. Wenn die hohe Gutsherrschast 
selbst anwesend war, so sagte die Großmagd ihren gereimten Spruch her, 
und der Vormäher sprach ein Gedicht. Auf dem Hofe wurden lange 
Tafeln gedeckt, auf welche große Schüsseln mit Speisen gesetzt wurden. 
Nachdem der Pfarrer das Gebet gesprochen, bedienten die Familienglieder 
des Kronprinzen alle Gäste selbst, und an die Tagelöhner wurden 
freundliche Worte gerichtet. Auf das Mahl folgte der Tanz, an dem zu 
Anfang auch wohl die Prinzessinnen teilnahmen. — Am Weihnachtsfeste 
wurden alle auf dem Gute beschäftigten Arbeiter im Saale des Amtshauses 
um einen großen Weihnachtsbaum versammelt. Nach beendetem Gesang 
und Gebet fand die Verteilung der Geschenke statt. Dann begaben sich 
alle in die Schule, wo sich die Dorsjugend um den hellstrahlenden Weih¬ 
nachtsbaum scharte und nach der Feier Kleidungsstücke, Bücher und andere 
Geschenke erhielt. Für jeden aber hatte die Gutsherrschaft, wenn sie zu¬ 
gegen sein konnte, ein freundliches Wort. 
Kronprinz und Fähnrich. Als Kaiser Friedrich noch Kronprinz 
war, wohnte er (1877) in der Umgegend von Königsberg in Pr. dem 
Kaisermanöver bei. Nachdem die Parade vor Kaiser Wilhelm stattgefunden 
hatte, begaben sich die höchsten Herrschaften in das Stadtschloß der alten 
Krönungsstadt. Hier lag einem Fähnrich der Dienst bei der Wache ob. 
Spät abends kam der Kronprinz an und sand, daß der Fähnrich nach den 
großen Anstrengungen des Tages im Wachthause am Tische saß und ein¬ 
geschlummert war. Vor ihm lag ein Papier, auf welchem geschrieben 
stand: „Liebe Mutter! Heute habe ich nach der Parade erfahren, daß ich 
in den nächsten Tagen zum Offizier befördert werden soll. Freue Dich 
mit mir! Doch wie wird's mit der Beschaffung der Uniform werden? 
Du hast alles für mich gethan, bist arm, und ich muß mir anderweitig 
Rat verschaffen. Schulden, ein hartes Wort, und wer wird sie be¬ 
zahlen?" Als der Kronprinz die Worte gelesen hatte, nahm er 
dem Jüngling behutsam die Feder aus der Hand, schrieb unter die Frage 
seinen Namen: Friedrich Wilhelm Kronprinz und entfernte sich, 
ohne den Fähnrich zu wecken. Wie erstaunte aber der junge Krieger, als 
er beim Erwachen die Beantwortung seiner Frage las, und erfuhr, wer 
ihn besucht hatte. Kurz darauf löste der Kronprinz wirklich sein Ver¬ 
sprechen ein, und wie glücklich der Jüngling war, kann man sich denken. 
Friedrich als Freund der Wissenschaft, der Kunst, sowie 
der Schule. Friedrich war ein großer Freund der Wissenschaften und 
Künste. Auf seinen vielen Reisen hatte er sich reiche Kenntnisse angeeignet, 
und es war seine Fürsorge, den Sammlungen in den Museen Berlins 
eine größere Ausdehnung und Ordnung zu geben. Im Verein mit seiner 
Gemahlin ließ er es sich angelegen sein, das Handwerk und Kunstgewerbe
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.