26 Deutsche Geschichte im Mittelalter.
verbündeten Sachsen, von denen 9000 in der Schlacht mitgekämpft
hatten, eingeräumt, der Süden, das Mainland, von Franken besetzt,
und nur das mittlere Land zwischen der Unstrut und dem Gebirge den
Thüringern überlassen, aber vom Frankenreich abhängig gemacht.
Hermanfrieds Nichte, Radegunde, wurde mit ihrem Bruder eine Kriegs¬
beute der Franken. Nachdem sie Christin geworden und die ihr auf¬
gezwungene Ehe mit Chlothachar I. gelöst hatte, trat sie in ein Kloster.
Als Nonne zu Poitiers lebte sie fast zwei Jahrzehnte im anregendsten
geistigen Verkehr mit dem spätrömischen Dichter Venantins Fortunatns,
den sie zur Abfassung seiner Dichtung „Vom Untergange Thüringens" ver¬
anlaßte. Radegunde war die erste deutsche Frau, die den Schatz der
alten klassischen Bildung ganz in sich aufgenommen hatte, zugleich ein erfreu¬
liches Gegenbild der entarteten merowingischen Königsfrauen. Auch Burgund
wurde erobert (532), und der Herzog der Bayern, welche zwischen Lech
und Enns saßen, zur Anerkennung der fränkischen Oberhoheit gezwungen.
558—561 vereinigte Chlothachar I. (Chlothar ---Lothar, Luther), der
allein von Chlodowechs Söhnen übrig war, das gesamte väterliche Erbe
samt allen Eroberungen in seiner Hand. Aber neue Teilungen wurden
vorgenommen, und so kam es, daß man das Reich gewöhnlich in vier
Gruppen gliederte, in das fast ganz verwelschte Neustrien (Nord¬
gallien), in das germanische Ostland, Austrasien, mit den ab¬
hängigen Alamannen, Thüringern und Bayern, in Burgund und Aqui¬
tanien (Gallien s. der Loire). Das Königshaus wurde durch innere
Kämpfe, vor allem durch die Greuel der Königsfrauen Bruuichild
und Fredeguude, zerrüttet und wie im Westgotenreich durch den wider¬
spenstigen, herrschsüchtigen Adel mehr und mehr beiseite gedrängt.
Der letzte tüchtige Merowinger, Dagobert, ging 634 ins Kloster. In
den einzelnen Teilreichen lag die Regierung schließlich fast ganz in den
Händen der Hausmeier. Das Reich schien auseinanderzufallen, und
diese Möglichkeit war um so bedenklicher, als von Süden ein neuer,
furchtbarer Feind wider die romanische und germanische Christenheit
heranzog.
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4. Die Zustände im Merowingerreiche. Das Königtum war rein
germanisch geblieben. Lange Locken, ein Speer in der Rechten kennzeichneten
den König, der auf einem rinderbespannten Wagen einherfuhr. Das König¬
tum war aber erblich geworden und selbstherrlicher als früher, denn ein
allgemeines Landding kam wegen der weiten Ausdehnung des Reiches
nicht mehr zu stände. An seine Stelle trat die alljährlich im März zu¬
sammentretende Heerversammlung, das Märzfeld. Aus den Mitgliedern
des Adels berief der König einzelne in seinen Rat. Die Strafgewalt des
Herrschers äußerte sich im Königsbann, die Schutzgewalt im Königs¬
wort. Im Königs frieden standen Fremde und Sippelose, ferner die
Beamten und die Gefolgsleute des Königs, die durch ein dreifaches
Wergeld geschützt waren. Der König war oberster Kriegs- und Gerichts-