Full text: Grundriß der Weltgeschichte für höhere Bürgerschulen und mittlere Gymnasialklassen

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2. In ihren Religionen tritt — jedoch nicht ohne Spuren 
uranfänglich erhabener Vorstellungen von der Gottheit — vor- 
zugsweise die Beziehung auf die fruchtbringende Natur 
hervor, deren Verehrung oft mit Gebräuchen empörender Unsitt- 
lichkeit verbunden und daher unfähig war, ein züchtiges Leben 
zu erzeugen. Insbesondere wurde das Familienleben entweiht 
durch Vielweiberei, bei welcher häusliche Tugend und Sitte 
nicht gedeihen konnte. 
3. In engem Verbände mit der Religion stand das Staats- 
Wesen. Bei den ältesten Staaten waren beide ganz ungetrennt: 
der Priesterstand beherrschte ganz unumschränkt das übrige Volk. 
Zur Bewahrung seiner Macht sonderte er sich als geschlossene Kaste 
streng von der Vermischung mit den anderen Ständen, die dann 
in der Regel ebenfalls sich in festabgegrenzte Kasten schieden. 
Diese reinen Priesterstaaten, deren Begründung, wie die 
Entstehung des Kastenwesens, dem höchsten Alterthum ange- 
hört, treten jedoch in der Folge zurück vor den Staaten, in 
welchen ein Haupt des Kriegerstandes die Herrschaft inne hatte, 
wobei indeß die Priester als Weise, Sterndeuter ac. in der Um¬ 
gebung des Königs meist noch Einfluß aus die Regierung besaßen. 
Dem Volke gegenüber galt der Herrscher nicht nur als Vertreter 
göttlicher Ordnung, sondern als Verkörperung göttlichen Willens, 
als Inhaber unbegrenzter Gewalt (Despot), die Unterthauen ins- 
gesammt waren nichts als seine Knechte. Gegen diese überspannte 
Macht kam es zwar oft zur Empörung, die den König vom 
Throne stürzte, aber nur neuer Gewaltherrschaft die Stelle räumte; 
denn für bürgerliche Freiheit war kein Sinn vorhanden. 
4. Innig verflochten mit der Religion war ferner die K u n st, 
sowohl die Poesie mit ihren Hymnen und Mythen, als die 
Baukunst und Bildner ei mit ihren Schöpfungen. Ueberall 
herrscht hier, eben wegen dieser Beziehung auf die vergötterten 
ungeheueren Naturmächte, das Massenhafte und Maßlose vor, das 
in den Schranken des Menschlichen sich nicht zu halten und zu- 
rechtzufinden weiß. So stehen in den dichterischen Mythen ynge- 
heuerliche Riesenbilder da; so schuf die Baukunst Werke von stau- 
uenswerther Größe, Riesentempel und Riesenpaläste, deren Auf-
	        
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