Full text: Das Mittelalter und die Neuzeit (Teil 2)

13. Wallensteins Lager. Vor dein geschmückten Offizierzelte verhört 
ein kaiserlicher Oberst einen schwedischen Offizier, den soeben der Pappen- 
heimische Kürassier gefangen eingebracht hat. Ein Musketier mit um- 
gehängtem Patronengürtel und mit der Zündpulverflasche untersucht den 
erbeuteten Feldkasten des Schweden; der Inhalt gehört dem Sieger, auch 
wenn der Gefangene bald durch Rauziou (Lösegeld) frei werden sollte. 
Schlimmer aber könnte es dem Bauer dort gehen, der von einem Musketier 
als der Spionage verdächtig hergebracht worden ist. Pferde und Kühe 
hat ihm der Schwede genommen, die letzte Geiß der Wallensteiner; der 
Knecht ist zu den Soldaten gelaufen, die Magd zum Troß; die Frau ist 
elend umgekommen; das Feld liegt wüst, das Haus ist leer. Da lud er 
den armseligen Rest seiner Habe auf den Eselwagen: nur fort, weg von 
Freund und Feind! Nun ereilt auch ihn sein Geschick: ob Spion oder 
nicht, verdächtig ist er und „nur" ein Bauer — fort mit ihm an den 
GalgenI So verdarb damals das deutsche Volk. — Unbekümmert um 
das Elend im Lande aber zecht der Kroat, lassen die Musketiere die Schelm- 
Beine (Würfel) auf der Trommel rollen und kocht die Marketenderin, was 
rohe „Parteigänger" im öden Umkreise des Lagers noch durch allerlei 
Grausamkeiten erpreßt haben.. 
14. Im Zeitalter des Rokoko. Der Ausdruck Rokoko wird ab- 
geleitet von dem französischen Worte rocaille, das eine Grotte aus Muscheln. 
Steinen, Korallen bezeichnet. Der Bau- und Dekorationsstil des Rokoko 
entstand in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Frankreich und 
heißt auch der Stil Ludwigs XV. Die bekanntesten Baudenkmaler des 
Stils sind das Schloß in Versailles, Friedrichs des Großen Philosophen- 
sitz Sanssouci in Potsdam und der Zwinger in Dresden. Den Ubergang 
von der Renaissance zum Rokoko bildet der Barockstil, so genannt nach dem 
italienischen Worte barocco, „schiefrund", womit man bald auch das Selt¬ 
same, Wunderliche bezeichnete. Unser Bild zeigt den Übergang des Rokoko 
zum Zopf, welcher an die Stelle der schwülstigen Üppigkeit dte Steifheit 
und Nüchternheit setzte. Die im Hintergrunde ans der Gegend des Rokoko- 
Schlosses her vorüberziehenden Soldaten Friedrich Wilhelms I. von 
Preußen tragen den Zopf, den der König für seine Krieger vorgeschrieben 
hatte. Die Unnatur der Zeit zeigt sich an den beiden künstlich verschnittenen 
Taxusbäumen und an der Tracht der beim üppigen Mahle versammel- 
ten Gesellschaft. Die Herren tragen wallende, gepuderte Perücken, Samt- 
röcke mit breiten Aufschlägen, gefältelte Manschetten und Bruststreifen, 
lange Westen. Kniehosen, weißseidene Strümpfe und niedrige schwarze 
Schuhe mit Spannschnallen. Die Frisur einiger Damen ist fußhoch, und 
den künstlichen gepuderten Bau krönen noch Federn, Spitzen und Bander. 
Aber das von den Witten begrüßte Paar zeigt eine einfachere Kleidung; 
besonders das schlichte Kleid der Frau steht im Gegensatz zu der aus- 
gebauschten Tracht der sie empfangenden Freundin. Der die französische 
Üppigkeit nachahmenden „Dame" tritt die einfache deutsche „Frau gegen- 
über Sie wird es vielleicht noch erleben, daß ihr Gatte den Zopf ablegt 
und über dem schlichten Tuchrocke sein eigenes Haar zur Schau tragt.
	        
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