Full text: Erzählungen aus der Sage und Geschichte (Vorstufe)

5. Pfahlbauten. 3m Jahre 1853 wurden an einer Stelle des Züricher 
Sees etwa 60 cm unter dem gelben Schlammgrunde in einer schwarzen 
Schicht viele etwa 30 cm dicke pfähle und andere Reste menschlicher An¬ 
siedelungen gefunden. Bei weiteren Nachforschungen stieß man auch in 
andern stehenden und fließenden Gewässern auf ähnliche Reste. Man 
fand Knochen, Geräte, Waffen, und es ward möglich, sich daraus von 
dem Leben in einem Pfahldorfe der germanischen Vorzeit ein Bild zu 
machen. Huf einem in den Grund des Wassers eingerammten pfahlroste 
stehen Hütten aus Fachwerk, mit Schilf ober Stroh gedeckt, mit dem 
Ufer durch Stege ober Knüppeldämme verbunden. Hm Lande hatte der 
Pfahlbaubewohner etwas Garten unb Feld; seine hauptsächliche Nahrung 
gewann er aber burch 3agb unb Fischerei. Huf unserm Bilbe kehrt bas 
Familienhaupt mit zwei Nachbarn von ber 3agb zurück- in bem aus 
einem Baumstamme gehöhlten Kahne, bem (Einbaum, liegt ber erlegte 
Ebelhirsch. Großvater unb Enkel sinb beim Fischfange. Die Großmutter 
vor ber Hüttentür läßt aufschaucnb Spinbel unb Rocken ruhen; bie 
Mutter hat ben Webstuhl brinnen verlassen, um mit bem Jüngsten auf 
bem Hrme bie Heimkehrenben zu begrüßen. Die ITTagb läßt sich an ber 
Zubereitung bes aufgespannten Felles nicht stören; es ist für frembe 
Händler bestimmt zum Tausch gegen (Eisengerät, IDäffen unb Schmuck. 
Der auf einer Stange über ber Hütte bleichenbe Pferbeschäbel rührt von 
einem Opfer fürtDoban her; bem Germanenbau eigen sinb bie gekreuzten 
Giebelbalken (f. auch Bilb 6). 
6. Germanische Ansiedelung. 3m Mittelpunkte bes Bilbes steht ein 
greiser Ebeling, ber mit seiner (Battin aus ber Umfriebigung seines Hofes 
getreten ist, um bie aus ber Varusschlacht heimkehrenben, ihm zu- 
jauchzenben jungen Krieger zu begrüßen. Die beiben Jünglinge sinb 
seine Söhne; ber eine trägt ben erbeuteten römischen Hbler, ber anbere 
bie ben (Befangenen abgenommenen Hngriffstoaffen. (Ein älterer Sohn, 
ein gereifter Mann, kehrt eben von ber Jagd heim, mit Beute belaben; 
bie (Battin unb bas Söhnchen stehen ihm zur Seite. Die gefangenen 
römischen Legionssolbaten unb ber Tribun in roter Tunika unb vergolbetem 
Schuppenpanzer blicken finster vor sich hin, benn sie gehen wahrscheinlich 
bem Tobe entgegen. — Die Germanen tragen ein Leibgetvanb aus Pelz¬ 
werk, burch einen breiten Gurt zusammengehalten, und Bundschuhe mit 
viel Riemenwerk. Kurzschwert und Langspeer mit handbreiter, zwei¬ 
schneidiger Spitze sind ihre tüäffen, Halsketten aus (Eberzähnen ihr 
Schmuck. Die Frauen tragen selbstgewebte, rot benähte Linnenkleider. 
An dem Tore des durch Flechtwerk verbundenen Balkenzaunes sitzt ein 
Unfreier, einen Korb flechtend; seinen Stand kennzeichnet das kurzge¬ 
schorene Haupthaar. Den Zaun überragen Stangen, auf denen die 
Schädel der dem Ivodan geopferten Rosse bleichen. Die beiden Gebäude 
tragen das Zeichen des sächsischen Hauses, das Giebelkreuz, dessen beide 
Balken in rohgeschnitzte Pferdeköpfe auslaufen. Den Hof beschattet die 
uralte heilige (Eiche; in ihren Zweigen befindet sich eine Ruhebank.
	        
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