Full text: Vaterländische Geschichtsbilder für die mittleren Bürgerschulen des Herzogtums Braunschweig

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2, Die Folgen des Krieges. (Deutsche Jugend 5, Deutsches Stadt¬ 
leben im Anfange des 17. Jahrhunderts. Dörfer und Städte nach dem 
dreißigjährigen Kriege. Zum Friedensschluß 1648.) 
XXVI. Die Herzöge von Graunschrveig und die Stadt 
Graunschweig. 
1. Heinrich Julius 1589—1613. Heinrich Julius, der Sohn des 
Herzogs Julius II. (S. S. 69), wußte den reichen väterlichen Besitz an 
Land ansehnlich zu vermehren. Als im Jahre 1599 der letzte Sprößling 
der Grafen von Blankenburg verstorben war, zog er das Lehen wieder ein, 
und so kam die Grafschaft zu Braunschweig. Zugleich machte er den 
größern Städten des Landes und der Ritterschaft gegenüber seine Rechte 
als Landesherr geltend, und dies brachte ihn in Streit mit der Stadt 
Braunschweig. 
a. Die Stadt Braunschweig. Als er einst noch bei Leb¬ 
zeiten seines Vaters von Wolfenbüttel gekommen war, um Hofgericht zu 
halten, wurde das Stadtthor auf des Bürgermeisters Befehl statt um 
6 Uhr morgens erst um 9 Uhr geöffnet. Als er am folgenden Tage 
heimkehren wollte, mußte er im Platzregen eine Stunde auf das Bürger¬ 
geleit warten. Bei der Trauerfeier des Herzogs Julius' II. wurde das 
Glockengeläut und jede Beteiligung verweigert. Geschlechter und Bürger¬ 
schaft hatten die Ansicht gemein, Braunschweig sei eine reichsfreie Stadt, 
und sie sei bei den großen Geldmitteln, der ansehnlichen Bevölkerung 
und den starken Festungswerken imstande, die städtische Selbständigkeit 
gegen jede Gewalt zu behaupten. Hierdurch erklärte sich der starke Groll 
des Herzogs gegen die Stadt. 
2. Henning Brabant. Schon seit langer Zeit bestand in der 
Stadt Braunschweig eine Spannung zwischen den Geschlechtern und der 
Bürgerschaft (S. S. 54). Der Hauptmann und Wortführer der Bürger¬ 
schaft, Henning Brabant, ein sehr gelehrter, thatkräftiger und edler 
Mann, hatte mit Hülfe anderer Bürgerhauptleute und der Stadt- 
geistlichen erreicht, daß ein Rat gewählt wurde, dessen Mitglieder der 
Bürgerschaft angehörten. Plötzlich wandten sich die Geistlichen u. A. 
gegen Henning Brabant und beschuldigten ihn nicht nur, die Stadt an 
den Herzog verraten zu haben, sondern auch des Umgangs mit dem Teufel 
(Rabe). Ein Bürger, welcher aufrührerische Reden gegen den Rat ge¬ 
führt hatte, gestand auf der Folter, daß er dazu von Brabant ange¬ 
stiftet sei. 1604 zog ein wüster Volkshaufe vor das Gasthaus zum Ein¬ 
horn, wo sich Brabant mit einigen Freunden aufhielt, um „die Schelme 
und Stadtverräter" zu verhaften. Henning springt aus dem Fenster, 
entflieht und schleppt sich trotz eines gebrochenen Beines nach Broitzem. 
Hier wird er dann gefangen, und mit unmenschlicher Grausamkeit wird 
ihm der Prozeß gemacht. Nachdem ihm durch die Tortur das Geständnis 
abgepreßt war, wurde er als „Meineidiger, Aufrührer, Stadtverräter und 
des Teufels Genosse" in grauenvoller Weise zu Tode gemartert. Während
	        
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