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Unter Joachim II. wurde 1539 die Reformation eingeführt (S. 66).
Größere Bedeutung erlangte der Staat erst durch die Erwerbungen des
Kurfürsten Johann Sigismund, welcher 1614 nach der Erwerbung von
Cleve und Mark die Wacht am Rhein, 1618 durch den Anfall des
Herzogtums Preußen -die Wacht an der Weichsel übernahm (S. S. 44).
Während des 30jährigen Krieges spielte der Staat eine sehr unbe¬
deutende Rolle, da der Kurfürst schwach war und zwischen den beiden
Parteien hin- und herschwankte.
Daraus aber, daß Brandenburg im westfälischen Frieden wertvolle
Erwerbungen machte (S. S. 79), ist zu ersehen, daß eine kräftige Hand
die Zügel der Regierung ergriffen hatte.
« 2. Der große Kurfürst als Regent und Landesvater. Fried¬
rich Wilhelm, der Sohn des Kurfürsten Georg Wilhelm von Branden¬
burg, hatte als Knabe die Not und die Schrecken des 30 jährigen
Krieges kennen gelernt. Einmal mußte er sogar von Berlin nach Letz-
lingen und dann nach Küstrin flüchten. In Wolgast sah er die Leiche
seines Oheims Gustav Adolf und erwählte sich diesen Helden zum Vor¬
bilde. Im Haag lernte er die holländische Kriegs- und Staatskunst
kennen. Auch erkannte er, was ein kleines Volk durch Anspannung
aller Kräfte zu leisten imstande war, und nahm sich vor, dasselbe zu
thun. Den gefährlichen Versuchungen der Höflinge widerstand er und
erhielt dafür von dem Prinzen von Dramen hohes Lob (Deutsche
Jugend 4, Aus den Jugendjahren des großen Kurfürsten).
Als er 1640 zur Regierung kam, fand er sein Land verwüstet und
arm; ein Teil hatte fremde Besatzung, in einem andern Teile hausten
die eigenen Söldner ärger als die Feinde. Von der früheren Blüte des
Staates war keine Spur geblieben; alles mußte neu geschaffen werden.
Zuerst schloß er mit den Schweden und dem Kaiser Verträge ab
und sicherte dadurch sein Land vor weiterer Verwüstung. Dem Ackerbau
half er auf, indem er an die nur noch spärlich vorhandenen Bauern
Getreide zur Aussaat, entlassene Soldatenpferde und Ackergeräte ver¬
teilte. Um die Zahl der Bauernhöfe zu vermehren, befahl er, daß auch
die jüngeren Söhne, welche als Knechte bei ihrem Bruder blieben oder
Handwerker wurden, sich einen Hof gründen sollten, und zog neue An¬
siedler aus anderen Ländern heran, besonders solche, die wegen ihres
Glaubens in der Heimat bedrückt und verfolgt waren. Das waren
naturgemäß tüchtige und kluge Leute, welche Brandenburg vielen Segen
brachten. •
Besonders nützlich zeigten sich die französischen Hugenotten, welche
nach Aufhebung des Edikts von Nantes Frankreich verließen und sich in
großer Zahl in Brandenburg, besonders in Berlin und Umgegend an-
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