Full text: Vaterländische Geschichtsbilder für die mittleren Bürgerschulen des Herzogtums Braunschweig

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cv mußte dem Kaiser zuvorkommen, welcher sich aufgerafft hatte und ihm 
Straßburg wieder entreißen wollte. 
Er begann den dritten Raubkrieg, in welchem er zwar keine 
Siege erfocht, aber dennoch im Frieden zu Ryswik 1687 die geraubte 
Stadt behielt. 
Während dieses Krieges verwandelte auf Befehl des „allerchrist¬ 
lichsten Königs" der grausame Melac das ganze gesegnete Land in der 
Pfalz und am Mittelrhein in eine Wüste (Heidelberger Schloß, Mann¬ 
heim, Worms, Speier). (Deutsche Jugend 6, Ludwig XIV. und 
Deutschland.) 
Noch lange nicht war der Ehrgeiz und die Ländergier Ludwigs XIV. 
befriedigt. Er wollte seiner Familie die Regierung in Spanien ver- 
1701-1714 schaffen und führte 1701—1714 den Spanischen Erbfolgekrieg. 
Karl II., der letzte Habsburger in Spanien, war 1700 gestorben, 
und nun beanspruchten die Krone Ludwig XIV. für seinen Enkel Philipp 
der Kaiser Leopold I. 1657—1705 mit mehr Recht für seinen zweiten 
Sohn Karl. Im Kriege hat der französische König keine Lorbeeren 
gepflückt, weil ihm zuerst der König Wilhelm III. von England, der 
zugleich Statthalter von Holland war, dann der tüchtige englische Feld¬ 
herr, Lord Marlborough, gegenüber traten. Dieser kämpfte im besten 
Einvernehmen mit dem Feldherrn des Kaisers, dem Prinzen Eugen von 
Savoyen, „dem edlen Ritter", welcher sich schon in den beständig wüten¬ 
den Türkenkriegen durch mehrere Siege und die Eroberung von Belgrad 
ausgezeichnet hatte. Leider standen in diesem Kriege auch deutsche Für¬ 
sten auf französischer Seite, z. B. Bayern und Braunschweig unter 
Anton Ulrich. Die Kaiserlichen siegten 1704 bei Hochkirch in Bayern, 
1706 bei Turin, wo der damals 30jährige „alte Dessauer" mit den 
Preußen den Sieg entschied, endlich 1709 bei Malplaqnet. 
Frankreich war durch diese Niederlagen und durch eine Hungersnot 
an den Rand des Verderbens gebracht. Da wurde es gerettet durch 
ein Ränkespiel am Hofe der Königin von England, welches Marlborough 
stürzte und einen friedliebenden Minister ans Ruder brachte. 
Die Engländer zogen sich vom Kriege zurück, besonders auch weil 
der Kaiser Joseph I. 1705—1711 gestorben war und nun Karl VI., 
der Schwiegersohn des braunschweigischen Herzogs Ludwig Rudolf, 
Deutschland und Spanien hätte vereinigen müssen. 
So ist es zu erklären, daß trotz aller Niederlagen Ludwig XIV. im 
Frieden zu Utrecht 1713 fernen Zweck erreichte. Der Kaiser schloß sich 
endlich dem Frieden 1714 an: Ludwigs Enkel Philipp, aus dem Haufe 
Bourbon wurde als Philipp V. König von Spanien, Österreich erhielt 
die spanischen Nebenländer: Mailand, Neapel und Belgien. 
5. Ludwigs XIV. Ende. Im Jahre 1715 starb Ludwig XIV., 
mit dem Fluche seines ins Elend gestürzten Volkes beladen, elend und 
verlassen an einer schrecklichen Krankheit. Das Volk jubelte bei seinem 
Tode. Es fand sich niemand, der den kranken König, welchen Gott ge¬ 
schlagen, für den teuersten Lohn pflegen wollte. Frankreich glich einer 
vergoldeten Nuß mit faulem Kern: Nach außen hatte es Kriegsruhm 
und Eroberungen, im Innern fast drei Milliarden Schulden, Hungersnot
	        
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