Full text: Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung

80 Geschichte der alten Welt. §. 106. 107. 
Knechtschaft geführt wurden. Seitdem war die Macht Etruriens gebrochen. Der 
stolze Heerführer, der durch einen vrunkvollen Siegeseinzug (Triumph) 
und durch ungleiche Vertheilung oer Beute sich den Haß der Plebejer zuge- 
zogen, ging, als ihn die Volkstribunen zur Verantwortung vorluden, freiwillig 
in die Verbannung und entzog dadurch dem Staate seinen Beistand in einem 
Augenblicke, wo er dessen am meisten benöthigt war. 
§. 106. Um diese Zeit nämlich setzten die Gallier aus den Pogegenden 
über die Apenninen und belagerten die etruskische Stadt Clusium. Die Ein- 
wohner suchten Hülfe bei den Römern, die aber nur eine Gesandtschast ab- 
schickten, um eine Aussöhnung zu vermitteln. Als dieses nicht gelang, mischten 
sich die Gesandten in den Kampf und erschlugen einen gallischen Führer. 
Diese Verletzung des Völkerrechts setzte die Gallier in Wuth. Sie ließen als- 
bald von Clusium ab, rückten in Eilmärschen auf Rom los und brachten dem 
römischen Heere am Flüßchen Allia eine so vollständige Niederlage bei, 
daß sich nur einige Flüchtlinge über die Tiber nach Veji retteten und daß 
man den Schlachttag (18. Juli) in der Folge im römischen Kalender schwarz 
bezeichnete und als Büß- und Bettag beging. Rom selbst, das von den Weibern 
und Kindern verlassen worden war, fiel ohne Gegenwehr in die Gewalt der 
• Feinde. Die Gallier brannten die leere Stadt nieoer, mordeten auf dem Fo- 
rum gegen achtzig Greise, die als Sühnopfer fallen wollten, und umlagerten dann 
das Capitol, wohin sich die streitbare Mannschaft zurückgezogen. Als aber die 
Besatzung unter der Anführung des heldenmütigen Marcus'Manlius topfern 
Widerstand leistete und die Reihen der Feinde durch Hunger und Krankheit 
gemindert wurden, kam nach siebenmonatlicher Belagerung ein Vertrag zu 
Stande, worin die Gallier gegen eine Loskaufsumme von tausend Pfund Goldes 
den Abzug versprachen. Bekannt ist, wie der trotzige Anführer BremmS 
(d. h. Heerkönig) die bedungene Summe noch um das Gewicht seines Schwer- 
tes, das er in die Wagschale warf, erhöhte. Die Erzählung, daß der ver¬ 
bannte Camillus mit einer Schaar flüchtiger Römer den abziehenden Feinden 
nachgefetzt und ihnen die Beute wieder entrissen habe, wird bezweifelt und 
nicht ohne Grund römischer Ruhmredigkeit zugeschrieben. 
§. 107. Nach dem Abzug der Feinde war das römische Volk so ent- 
muthigt, dqß es die Stadt nicht wieder aufbauen, sondern nach dem leeren Veji 
übersiedeln wollte. Nur mit Mühe gelang es den Patriziern, dieses Vorhaben 
zu vereiteln, unb damit nie mehr ein ähnlicher Geoanke aufkäme, wurden die 
Häuser in Veji dem Volke zum Abbruch überlassen und der Boden verwünscht 
zu ewiger Oede. Kaum war Rom in der Eile mit engen und krummen Straßen 
und kleinen Wohnhäusern wieder aufgebaut, als die Patrizier alle ihre Vor- 
rechte von Neuem in Anspruch nahmen und zunächst die Schuldgesetze mit 
der alten Strenge wieder in Anwendung brachten. Der Retter des Capitols, 
M. Manlius (Capitolinus), nahm sich der bedrängten und verarmten 
Plebejer an, zog sich aber dadurch den Haß seiner Standesgenossen in solchem 
Grade zu, daß sie ihn unter dem nichtigen Vorwartde, er strebe nach der 
königlichen Gewalt, zum Tode verurtheilten, worauf er vom tarpejischen 
383. Felsen gestürzt, sein Haus geschleift und sein Andenken gebrandmarkt wurde. — 
Aber diese Härte gegen den volksfreundlichen Mann riß die Plebejer aus ihrer 
377. Trägheit. Zwei muthige und talentvolle Volkstribunen, Licinws Stolo 
und L. Sextius, machten folgende drei Gesetzesvorschläge: 1. Es sollen 
wieder Cvnsulu erwählt werden, aber der Eine davon stets ein Plebejer sein. 
2. Kein Bürger dürfe mehr als 500 Jugeren (Morgen) von dem Gemein- 
lande in Erbpacht besitzen; das übrige sollte in kleinen Loosen den Plebejern 
als Eigenthum angewiesen werden. 3. Von dem Schuldkapital sollte der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.