§. 401. Das Zeitalter Ludwigs XIV. 277
in Verbindung, und um im Innern zu seinem Ziel zu gelangen, unterließ er die
Einberufung der Reichsstände (die im I. 1614 zum letzten Male ver-
sammelt waren), brach die Macht des Adels unv des unabhängigen Beamten- und
Richterstandes in den Parlamenten und bekämpfte mit seinem allezeit schlag-
fertigen Heer di« HugueKotten, die im südlichen und westlichen Frankreich einen
fast unabhängigen Bund mit eigenen Festungen, einer streitbaren Bürgermacht und
großen Vorrechten bildeten. Nachdem er in drei Kriegen die wichtigsten Huguenotten-
ftäbtc (Nimes, Montauban, Montpellier u. a.) erobert und ihrer Festungswerke
beraubt und endlich nach einer Belagerung von vierzehn Monaten das Bollwerk der
Calvinisten, La Rochelle, zu Fall gebracht, raubte er ihnen ihre politischen Vor-
rechte und unabhängige Stellung, gewährte ihnen aber durch das Gnadenedict 1629.
von Nimes Religionsfreiheit und gleiche Rechte mit den katholischen Unter-
thanen. — Durch die Entwaffnung der Huguenotten war den unruhigen Großen ihr
stärkster Rückhalt genommen, daher der Kampf gegen diese mit mehr Erfolg geführt
werden konnte. Durch Hinrichtungen und Verbannungen wurden die Verwegensten
hinweggeräumt; selbst die Königin - Mutter und ihr zweiter Sohn, der Herzog von
Orleans, die Richelieu's Fall zu bewirken suchten, mußten das Land verlassen und
des Letztern vertrauter Freund, Heinrich Herzog von Montmorenci, der Sprosse
eines der glorreichsten Geschlechter Frankreichs, starb zu Toulouse durch die Hand des 1632-
Scharfrichters. Ein ähnliches Schicksal traf den Marschall Marillac und einige
Jahre später den Grafen von Cinq-Mars und seinen Vertrauten de Thou, als 1648-
sie in Verbindung mit der Königin und vielen Edlen eine Verschwörung gegen den
mächtigen Kardinal bildeten. Zur Erforschung der Stimmungen und Zustände im
Innern und Aeußern bediente sich Richelieu des Kapuziners Pater Joseph, dessen
strenge Außenseite einen feinen Verstand und diplomatische Gewandtheit verbarg. —
Die Parlamente, die obersten Steuer- und Gerichtshöfe, die gleich dem König
auf unabhängige Machtvollkommenheit (Souveränetät) Anspruch machten, weil ihre
Stellen erblich waren, wurden durch Aufstellung außerordentlicher Gerichts-
Höfe, die hohen Beamten in den Provinzen durch Einführung königlicher Inten-
danten, die blos von der Regierung abhängig waren, beschränkt und geschwächt.
§. 401. Im Jahre 1642 starb Richelieu, gehaßt und gefürchtet von *
Adel und Volk, aber bewundert von Mit- und Nachwelt; Ludwig XIII., ein 2*
Fürst ohne große Tugenden und Laster, abhängig von Hedem, der sich seine 14 Mai
Gunst zu erWerden oder sich ihnt furchtbar zu machen wußte, folgte ihm bald Jfi48-
nach. Vis zur Volljährigkeit seines Sohnes, Ludwigs XIV., übernahm nun- xiv'.8
mehr die Königin Annavon Oesterreich, die stolze, herrschsüchtige Schwester 1643—
des Königs von Spanien, die vormundschaftliche Regierung. Da sie aber ihr m5,
ganzes Vertrauen dem Italiener Mazarin, dem Erben von Richelieu's Amt
und Grundsätzen, zuwandte, so fand sie an demAdel und dem Parlamente,
vie ihre fächere Macht und Stellung wieder zu erlangen strebten, heftige Wider-
sacher. Das Volk, in der Hoffnung, von seiner schweren Steuerlast erleich-
^rt zu werden, und geleitet von dem gewandten, geistreichen Kardinal von
Retz, trat auf deren Seite, um den Hof zur Entfernuug Mazarins und zur
Annahme anderer Regierungsmaßregeln zu zwingen. Daraus gestaltete sich
Jfa heftiger bürgerlicher Kampf, der als Krieg der Fronde in der Geschichte i#48—
bekannt ist. Mazarin mußte auf einige Zeit das Land verlassen, allein so 165S*
unerschütterlich war die Gunst und das Vertrauen der Königin, daß er von
Köln aus Frankreich ebenso unbedingt regierte, wie vorher in Paris. Seine
^»erbannung dauerte jedoch nicht lange. Nachdem Ludwig XIV. die Jahre issi.
der königlichen Mündigkeit erreicht, und Türenne, der Anführer der könig-
uchen Truppen, in der Vorstadt St. Antoine seinen Gegner, den großen
<- ond6, welcher die Aufständischen befehligte, besiegt hatte, kehrte Mazarin iras.