Full text: Bilder aus der deutschen Vorgeschichte (2, Beiheft = Untertertia)

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Waffen unbehindert zu sein, die Bekleidung teilweise ab und kämpfte 
mit nacktem Oberkörper. 
Die Kleidung der Frauen war der der Männer gleichartig, 
nur trugen sie über den Unterkleidern noch einen leinenen Rock: 
den Kopf schmückten sie gern mit Spangen und mit bunten Kappen. 
An den Armen trugen Frauen wie Männer möglichst viel Metall- 
ringe als Schmuck; diese stellten zugleich ein Vermögen dar, denn 
sie dienten zum Eintausch von allerhand Waren. Die Kinder liefen 
lange Zeit nackt umher. 
Das Familienleben war innig; zwischen den Gatten herrschte 
Achtung, Liebe und Treue; der meist sehr zahlreichen Kinderschar 
widmeten die Eltern zärtliche Sorgfalt. Gegen seine Haus- und 
Hofgenossen war der Germane ein gerechter und leutseliger Herr; 
sie teilten seine Mahlzeiten und rechneten nicht vergeblich auf seine 
Milde (d. i. Freigebigkeit). So bietet das häusliche Leben unserer 
Vorfahren viele Lichtseiten. 
Ihre Nachbarn und auch die Römer erkannten an, daß sie sich 
durch manche Tugenden, die in allen Volksgenossen hervortraten, 
auszeichneten. Ihre Haupteigenschaften waren unbändige Frei- 
heitsliebe, tollkühner Mut, Treue und Wahrhaftigkeit, Gastfreund- 
schast, starker Familiensinn, Achtung vor den Frauen. Als all- 
gemein verbreitete Fehler werden von den römischen Schriftstellern 
übertriebenes Ehrgefühl, Eigenwille und Trotz, Abenteuerlust, Un- 
besonnenheit und Neigung zu Trunk und Spiel hervorgehoben. 
3. Öffentliches Ceben der Germanen. 
Die ganze Bevölkerung zerfiel in Freie und U n freie; 
nur jene galten als wirkliche Mitglieder des Volks. Die Unfreien 
(Schalke), meist Kriegsgefangene und ihre Nachkommen, waren 
rechtlos und ein Besitz der Herren, nicht anders wie Haustiere. 
Doch wurden sie freundlich und schonend behandelt, und ihre Kinder 
waren die Spielgenossen der Herrenkinder. Nicht wenige der Schalke 
erlangten durch treue Dienste die Verleihung der Freiheit. Sie 
traten dadurch zunächst in die Stellung von L i t e n oder Loten5, 
d. i. Höngen, die als Pächter ein Stück des Gemeindeackers bebauten; 
zu ihnen gehörten auch frühere Bewohner des Landes, die sich den 
Eroberern unterworfen hatten. Von dem Stand der Liten war 
der Schritt nicht schwer zur vollen Freiheit, die sie den Herren in 
allen Rechten gleichstellte. 
Unter diesen gab es einige bevorzugte Familien, an deren 
Glieder man sich hielt, wenn es galt, Beamte oder Priester zu 
wählen. Diese Familien, vermutlich die Nachkommen von Männern, 
die früher in leitender Stellung sich großes Verdienste erworben
	        
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