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der Volksversammlung und den Gerichten sowie Bezahlung für 
staatliche Leistungen erhalten hatten, während er den Besitzenden 
die beste Bürgschaft gegen soziale Umsturzbestrebungen bot.1) 
Der äußeren Machtausdehnung Athens diente die Aussendung 
von Kolonien. Wie schon früher athenische Bürger am Hellespont 
auf dem Chersones, in Euböa und Naxos angesiedelt worden 
waren, so wurde 443 Thurii als panhellenische Kolonie an 
Stelle des zerstörten Sybaris, 437 Amphipolis am Strymon ge¬ 
gründet. 
Gegen die Bundesgenossen wahrte Perikies mit Entschieden¬ 
heit Athens Oberherrschaft. So wurde das abgefallene Samos 
440 — 439 nach neunmonatlicher Belagerung durch Perikies be¬ 
zwungen und seiner Selbständigkeit beraubt, ebenso das mit Samos 
verbundene Byzanz. Unter allen Bundesgenossen behaupteten nur 
Chios und Lesbos ihre Selbständigkeit. 
Der Gedanke, alle Hellenen unter Athens Führung zu einen, 
hat Perikies gewiß nicht fern gelegen. In diesem Sinn beantragte 
er die Berufung eines Nationalkongresses nach Athen zur 
Beratung über Wiederherstellung der von den Persern verbrannten 
Heiligtümer und über ein den Frieden zur See gewährleistendes See¬ 
recht. Der Antrag scheiterte an der ablehnenden Haltung Spartas. 
Perikies, der die Unvermeidlichkeit eines dereinstigen Entscheidungs¬ 
kampfes mit Sparta erkannte, suchte um so mehr Athens Macht¬ 
mittel zu stärken und für diesen Fall bereit zu stellen. Darum 
vermehrte er die Kriegsflotte auf 300 Trieren (Umbau des Piräus) 
und begründete einen großen Staatsschatz aus den Überschüssen 
der Staats- und Bundesfinanzen. 
2. Die Kultur des Perikleischen Zeitalters. Athen 
verdankte der Verwaltung des Perikies nicht nur einen großartigen 
Aufschwung des wirtschaftlichen Wohlstandes, sondern wurde durch 
ihn auch zur geistigen Hauptstadt Griechenlands erhoben. 
Athens überragende Machtstellung und die hochherzige Pflege, die 
alle idealen Interessen daselbst fanden, lenkte die geistige Be¬ 
wegung von den Kolonien nach dem Mutterlande zurück. In 
Athen wirkte der große Philosoph Anaxagoras aus Klazomenä 
in Kleinasien, der Lehrer und Freund des Perikies, die Sophisten 
Protagoras aus Abdera und Gorgias aus Leontini in Sizilien, 
jener der erste Grammatiker, dieser der erste Lehrer der Rede¬ 
kunst. Hippokrates aus Keos wurde zu Athen der Begründer 
der wissenschaftlichen Medizin, der Astronom Me ton verbesserte 
432 den Kalender durch die Entdeckung, daß 235 Mondmonate 
fast genau 19 Sonnenjahre geben; der nach ihm benannte 19jährige 
1) Ebendas.: xarsi%E ro JtXfjd'og ilsv&SQOig, xcci ovx ijysro fiäXXov 
V7t airov 7) ccbrog T\ye. 
Bichter-Kolil, Grundriß. I. 4. Aufl. 6
	        
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