Full text: Die Alte Geschichte (Theil 1)

72 
spielen und meinen, wir thun große Dinge, die Gott ganz besonders beachten 
müsse. Unterdes sitzt der allwissende Golt und schreibt unsre Tage auf sein 
Buch; er ordnet und schaffet, was wir vor oder hernach thun; er richtet alles 
zu unserm Besten und unsrer Seligkeit und hat dabei stets ein wachsames Auge 
z auf uns und unser Kinderspiel, damt wir keinen verderblichen Schaden nehmen 
113. Das vierblättrige Kleeblatt. 
(Caspari.) 
Im Jahre 1833 wollte ein junger Mensch nach Amerila auswvandern. 
Er hatte einem Schiffskapitän, der im Hafen lag, das Fahrgeld bereits be— 
10 zahlt und wartete sehnlich auf die Stunde der Apfahrt. Dodüen u ihm 
der Kapitän sagen: „Der Wind iet günstig, und heut Äbend um 5 Ubr 
geht's in die hohe See!“ Als es 4 Ubr geschlagen, geht unser Auswanderer 
bereits auf den Hafen zu, denn er densct: „Besser eine Stunde zu fruh, 
als eine Viertelstunde zu spat, der Kapitan versteht keinen Spals.“ Mioe er 
15 gerade dureh die Allee geht, die zum Hafen führt, und schon das Schiff 
vor Augen hbat, auf dem die Segel gerichtet sind und die Wimpel lustig 
im Winde flattern, sieht er neben geinem Weg in der Anlage ein vier 
blattriges Lleeblatt stohen. Sieh da!“ gprieht er, „das bedeutet Gluck, das 
muss iech mir mitnebmen,“ macht einen Schritt aus dem Weg, buckt sich 
20 und brieht das vierblättrige Kleehlatt ab. Als er vieder auf den MWeg 
zuruekgekehrt, kommt mit grossen Schritten der Soldat auf ibn zu, der 
nebenan vor dem Sehilderbäuschen, Gewehr in Arm, auf und abgeschlen- 
dert war, und sagt: „Guter Preund, Ihr musst mit auf die Wachele 
„Auf die Wache? Warum denn?““ — „Nun,“ sagt der Soldat, „Ihr Lönnt 
25 doch Geschriebenes lesen, schaut nur hin, was dort auf der Tafel steht: — 
Funf Lhaler Strafe, wer in der Anlage etwas abreiste „Mas geht mieh 
die Tafel an, ich muls auf das Schiftl MWas geht mieh das Sehiff an,“ 
orwiderte der Soldat, „Ihr mülst mit auf die Wache. In einer Stunde honnmt 
die Ablösung, dann führt man Eueh auf das Stadthaus und don bezablt 
30 Ihr Eure funt Thaler! — Lieber Freund, in einer halben Stunde geht das 
Sehiff fort, auf dem ieh bezahlt habe, baltet mich niebt auf, ieb muls 
fortl deht mioh niehts an,“ sagto der soldat und salio n am 
Kragen. „Nehmt Vernunft an, lieber Freund, das kann unmöglich die 
Meinung des Gesetzes sein, dasls man wegen eines vierblätterigen Kleeblatts 
s5 ein Schiff nach Amerika versäumen und sein Fahrgeld verliören solll 
„Geht mieh niehts an!“ sagte der Soldat, „hier heisst's: Ordre pariertl 
Der junge Amerikaner gab gute und böse Worte, versprach und drobte, 
schimpfte und weinte. — Geht mieh niehts an!“ antworteto der uner· 
bittliche Soldat, und fort musste er auf die Wache. Bis dort die Ab- 
10 lösung erwartet und auf dem Stadthause seine funtf Thalor bcan hatte und 
schweisstriefend wvieder zuruek an den Hafen kam, var das Sehiff auf und 
davon, und er fing an, sein Milsgeschiek, den Soldaten, das Kleeblatt, den 
Magistrat und die ganze Stadt zu vervunchen. Da nieht sogleich ein an- 
deres Schiff abging, mulste er noch einige Zeit sieh in der Stadt aufhalten, 
5 da fallt inim eines Tages im Gasthaus die Zeitung mit den Schiffsberichtoen 
aus Cuxhafen in dis Hande. Sie berichtet von enen grossen Sturm, viele
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.