Künste und Wissenschaften, die allinälig eine andere Gestalt gewannen.
Die vielen aufblühenden Universitäten halfen kräftig nach und ver¬
breiteten Aufklärung rings um sich her. Die Erfindung der Buch-
druckerkunst war das geeignetste Mittel, Tausende von Schriften
unter das Volk zu bringen und so die Gedanken des Einzelnen wie im
Fluge zum Gemeingute ganzer Völker zu machen. Während des regeren
Volkslebens keimten auch die Anfänge der bürgerlichen Freiheit empor;
ein freisinniger Geist durchdrang allmälig alle Verhältnisse des Lebens.
Die Mängel und Gebrechen in Staat und Kirche waren zwar nicht
größer, aber weit auffallender geworden bei dieser höheren Bildung
und freisinnigeren Denkungsart der Völker, und ihre Quellen versiegten
mit der Zeit. So stehen wir denn hier an der Geschichte einer Zeit, die
mit Recht die neuere genannt wird, weil auf dem Grunde so vieler
und großer Erfahrungen die europäischen Reiche und Völker sich neu zu
gestalten begannen, bis sie allmälig das wurden, was sie jetzt sind.
Unter den Begebenheiten, welche wir hier als Vorboten einer neuen
Zeit bezeichneten, ist die Entdeckung Amerikas eine sehr einflu߬
reiche. Durch diese ist nunmehr ein neuer Erd theil in die Geschichte
eingetreten, und die Geschichte selbst, welche bisher nur die sogenannte
alte Welt, Asien, Afrika und Europa, umfaßte, wird dadurch erst zu
einer eigentlichen Weltgeschichte. Nächst der Entdeckung von Amerika
aber verdient besonders hervorgehoben zu werden die Reformation
oder Kirchentrennung.
2. Borbereitende Ursachen der Reformation.
Schon seit langer Zeit waren nicht nur von einzelnen gutdenkenden
Männern, sondern selbst von ganzen Völkern vielfache Klagen erhoben
worden über den traurigen Zustand der christlichen Kirche. Und nicht
unbegründet waren diese Klagen. Es hatten sich Mißbräuche eingeschli¬
chen, die ein um so größeres Aergerniß gaben, je enger sie mit der Reli¬
gion selbst, dem theuersten Kleinode der Völker, in Verbindung standen.
Die Päpste, denen die Fürsten und Völker mit kindlicher Liebe und kind¬
lichem Gehorsam stets ergeben waren, hatten nicht immer die Würde
und Hoheit ihres Berufes im Auge behalten. Mehre unter ihnen hatten
ihre Macht und das Zutrauen der Völker mißbraucht und arge Unord¬
nungen veranlaßt. Die größte Verwirrung herrschte in dem Zeitraume
von 1378 bis 1414, wo drei Bischöfe zugleich sich für die rechtmäßigen