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-ober Lehrsätze, die sich haupsächlich auf den Ablaß bezogen, an die
Schloßkirche zu Wittenberg anschlagen ließ und alle Gelehrten auffor¬
derte, dieselben in einer öffentlichen Disputation zu prüfen. Das gab
die zufällige Veranlassung zur Kirchentrennung, ohne daß Luther die¬
selbe bezweckt oder auch nur geahnt hätte. Denn er hatte seine Theses
nicht als nnwidersprechliche Wahrheiten, sondern lediglich als Zweifel
vorgebracht, auch ließ er das Wesen des Ablasses unangetastet und eiferte
allein gegen den wirklichen oder vermeintlichen Mißbrauch desselben.
Ebenso lag in dem öffentlichen Anschlagen dieser Theses nichts Auffallen¬
des ; denn das geschah gewöhnlich, wenn die Gelehrten sich zu einer Dis¬
putation herausforderten.
Tetzel aber und mit ihm seine Ordensbrüder, die Dominikaner,
wurden über die Kühnheit des Augustinermönchs höchst entrüstet. In
Predigten und Schriften zogen sie mit heftigen Schmähungen gegen die
Theses los, schalten den Verfasser ohne weiteres einen Ketzer und nah¬
men dabei die Wendung, daß ein Angriff auf den vom Papste angeord¬
neten Ablaß ein Angriff auf das Ansehen des Papstes und der Kirche
selbst sei. Diese bitteren Ausfälle auf Luther's Rechtgläubigkeit reizten
diesen zu einer noch heftigeren und bittereren Vertheidigung, bei welcher
ihn seine Ordensbrüder, die Augustiner, welche ohnehin höchst eifersüchtig
auf die Dominikaner waren, in Schriften und Predigten auf das Eifrigste
unterstützten. So traten diese beiden Orden feindlich gegen einander in
die Schranken, verloren aber im hitzigen Kampfe der Meinungen nur zu
oft die Ruhe des Urtheiles sowohl als des Gemüthes.
Was anfangs nur eine Angelegenheit der Gelehrten gewesen war,
wurde auch bald Sache des Volkes. In Wittenberg und der ganzen
Umgegend, wo die Augustiner zahlreich und beliebt waren, ergriffen die
Meisten Luther's Partei. Aber nicht bloß in den engen Grenzen jenes
Kurfürstenthums setzten sich die neuen Grundsätze fest, sie verbreiteten
sich auch vermittelst der Buchdruckerkunst mit unglaublicher Schnelligkeit
über ganz Deutschland und brachten eine allgemeine Bewegung im Volke
hervor. Ein großer Theil war für Luther. Schon auf das bloße Gerücht,
daß er sich gegen das kirchliche Ansehen auflehne, ergriffen Viele seine
Partei, ohne einmal den Inhalt seiner neuen Lehre selbst zu kennen oder
zu prüfen. Denn die vielen und heftigen Streitigkeiten der Päpste mit
den Kaisern in der alten Zeit hatten unter dem deutschen Volke einen
Keim von Unzufriedenheit zurückgelassen, der nur einer geringen Veran-