Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

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zu vollstrecken, das schien ihm sogar eine Gewiffenssache zu sein! Er 
war deshalb auch der erste, welcher seinem Enkel zur neuen Königswürde 
Glück wünschte und frohlockend ausrief: „Nun gibt es keine Pyrenäen 
für Frankreich mehr!" Sofort schickte er ihn mit einem Heere nach 
Spanien, wo dieser als Philipp V. feierlich empfangen wurde. 
Leopold aber erklärte das Testament für unterschoben, und somit 
war der Krieg unvermeidlich. Er fand Bundesgenossen an dem neuen 
König von Preußen und dem Reiche, an den Seemächten, England und 
Holland, die schon ihrer eigenen Sicherheit wegen die so ungemessene 
Vergrößerung der französischen Macht nicht zulassen konnten; später 
traten auch Portugal und Savoyen dem Bunde bei. Und — was für 
den Kaiser nicht wenig werth war — an der Spitze der verbündeten 
Heere standen zwei so ausgezeichnete Feldherren, wie sie die neuere Zeit 
kaum besser aufzuweisen hat: Prinz Eugen, der Sieger bei Zentha, 
und der britische Anführer, Herzog Marlborough. 
Aber auch Ludwig fand Bundesgenossen. Zwei deutsche Fürsten, der 
Kurfürst Maximilian Emanuel von Bayern, welchen er durch Ver¬ 
sprechung der Niederlande köderte, und dessen Bruder, der Kurfürst von 
Köln, traten auf seine Seite, wurden aber deshalb später von dem Kai¬ 
ser mit der Reichsacht belegt. So brach nun der Krieg aus, der bis zum 
Jahre 1714 zu Wasser und zu Lande geführt wurde. In Deutschland, 
in Italien, in Spanien und in den Niederlanden floß das Blut in 
Strömen. 
Im Mai 1701 eröffnete der Prinz Eugen an der Spitze eines Hee¬ 
res von breißigtauseud Mann7 unter denen zehntausend Preußen waren, 
den Feldzug in Italien, um dort die erledigten Neichslehen, besonders 
Mailand, in Besitz zu nehmen. Bei Roveredo bahnte er sich, weil die 
Franzosen alle Alpenpässe besetzt hatten, durch Felsen und über Abgründe 
seinen Weg nach Italien und stand plötzlich, zum Erstaunen der Fran¬ 
zosen, in den Ebenen von Verona. Er gewann in demselben Jahre zwei 
herrliche Siege bei Carpi und Ehiari, und nahm durch einen Buhnen 
Angriff mitten im Winter 1702*) den feindlichen Oberanführer Vil¬ 
ser o i in Cremona gefangen. An die Stelle des gefangenen Villeroi 
trat dertalentvolle V endö m e, und nun stand in Italien die Glücksschale' 
wieder gleich, neigte sich aber bald auf die Seite der Franzosen, die mit 
*) In diesem Jahre erfand ein Deutscher, Joh. Fr. Böttcher aus 
Schleiz im Voigtlande, zu Meißen das Meißner Porzellan.
	        
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