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1.
Im Freundeskreis.
Wenn jemand schlecht von deinem Freunde spricht,
Und scheint es noch so ehrlich: glaub' ihm nicht!
Spricht alle Welt bon deinem Freunde schlecht:
Mißtrau' der Welt und gieb dem Freunde recht!
Nur wer so standhaft seine Freunde liebt,
Ift wert, daß ihm der Himmel Freunde giebt.
Ein Freundesherz ist ein so seltner Schatz,
Die ganze Welt beut nicht dafür Ersatz;
in Klelnod ifos, voll heil'ger Wunderkraft,
Das nur bei festem Glauben Wunder schafft
Doch jedes Zweifels Hauch trübt seinen Glanz,
Einmal zerbrochen, wird's nie wieder ganz.
Drum, wird ein solches Kleinod dir beschert,
O, trübe seinen Glanz nicht, halt' es wert!
Zerbrich es nicht! Betrachte alle Welt
Als inen Ring nur, der dies Kleinod hält,
Daͤn dieses Kleinod selbst erst Wert verleiht,
Zcnn wo es fehlt, da ist die Welt entweiht.
Doch würdest du dem ärmsten Bettler gleich,
Blaͤbl dir in Freundesherz, so bist du reich
Und wer den höchsten Königsthron gewann
UÜnd keinen Freund hat, ist ein armer Mann.
Friedrich Bodenstedt.
1. Läed der Preundschaft.
L. Der Mensch hat nichts so eigen,
So wobl steht ihm nichts an,
Als dass er Treu' erzeigen
Und Freundschaft halten kann;
Wenn er mit seinesgleichen
Soll treten in ein Band,
Verspricht sich, nicht zu weichen,
Mit Herzen, Mund und Hand.
2. Die Red' ist uns gegeben,
Damit wir nicht allein
Pür uns nur sollen leben
Und fern von Leuten sein.
Wir sollen uns befragen
Und sehn auf guten Rat,
Das Leid einander klagen,
So uns betreten hat.
3. Was kann die Freude machen,
Die Einsamkeit verhehlt?
Das giebt ein doppelt Lachen,
Was Hreunden wird erzählt.
Der kann sein Leid vergessen,
Der es von Herzen sagt;
Der muss sich selbst auffressen,
Der in geheim sich nagt.
4. Gott stehet mir vor allen,
Die meine Seele liebt;
Dann soll mir auch gefallen,
Der mir sich herzlich giebt.
Mit diesen Bundsgesellen
Verlach' ich Pein uud Not,
Gehb' auf dem Grund der Höllen
Und breche durebh den Tod.
5. Ich hab', ich habe Herzen,
So treue, wie gebübrt,
Die Heuchelei und Scherzen
Nie wissentlich berührt!