Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

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mußte dieser ihnen eine Begünstigung nach der anderen einräumen. Da¬ 
durch wuchs ihnen der Muth, und immer kühner trat ihr Bund gegen 
den Kaiser auf. 
Als aber plötzlich die Nachricht nach Deutschland kam, der Kaiser 
habe mit den Franzosen Frieden, mit ^den Türken Waffenstillstand ge¬ 
schlossen, entstand eine dumpfe Gährung unter den Protestanten. Nun, 
hieß es, werde der Kaiser, im Verein mit dem Papste und dem Könige 
von Frankreich, nächstens über sie herfallen. Allein es war bloßes Mi߬ 
trauen, welches eine solche Absicht dem plötzlichen Friedensschlüsse unter¬ 
legte. Denn des Kaisers einziger Wunsch und einziges Streben ging 
dahin, den ganzen Neligionsstreit auf gütlichem Wege beizulegen. Es 
wurde deshalb ein Reichstag nach dem anderen, ein Religionsgespräch 
nach dem anderen gehalten; allein statt zu dem beabsichtigten Zwecke zu 
führen, machten sie die Spannung nur noch größer. Die meiste Hoff¬ 
nung hegte der Kaiser zu einer allgemein Kirchenversammlung, auf 
welche Luther sowohl als seine Anhänger sich immer berufen hatten, und 
er bat deshalb den Papst, eine solche zu veranstalten. Lange zögerte der 
Papst, und als er sie endlich im Jahre 1545 zu Trient in Tirol er¬ 
öffnete, weigerten sich die Protestanten, an derselben Theil zu nehmen 
und ihre Beschlüsse anzuerkennen. Sie erklärten: „ein Concilium, auf 
welchem der Papst, ihr Hauptgegner, den Vorsitz führe, könne in ihrer 
Sache nicht unparteiisch richten; dasselbe würde schon das Urtheil gegen 
sie gefällt haben, bevor es berufen sei." Und doch war kein anderes Con¬ 
cilium nach katholischen Grundsätzen möglich. Als daher auch dieser 
Versuch zur Aussöhnung der streitenden Parteien mißlang, machte der 
Kaiser den letzten und beschied alle Fürsten zum Reichstage naKRegens- 
burg. Allein es erschien weder Johann Friedrich, der Kurfürst von Sach¬ 
sen, noch der Landgraf Philipp von Hessen, die doch die Häupter des 
schmalkaldischen Bundes waren, und die er noch besonders auf das Drin¬ 
gendste gebeten hatte, für die gute Sache persönlich zu erscheinen. Ueber 
solchen Ungehorsam zürnte mit Recht der Kaiser; denn nun mußte er 
befürchten, daß die Trennung der Religion auch zur Trennung des Reiches 
führen würde. Darum beschloß er, die trotzigen Fürsten mit den Waffen 
zum Gehorsam zu zwingen. Damit aber Keiner den Zweck dieses Krieges 
mißdeute, so erklärte er öffentlich: „nicht gegen die Religion und Frei¬ 
heit führe er das Schwert, sondern um einige widerspenstige Fürsten zu 
züchtigen, denen die Religion nur zum Deckmantel ihrer strafwürdigen
	        
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