Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

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Zu Paris verband er sich mit mehren gleichgesinnten Freunden, und 
diese legten am Feste Mariä Himmelfahrt des Jahres 1534 in der klei¬ 
nen Marienkirche auf dem Montmartre zu Paris das Gelübde ab, ihr 
Leben der Bekehrung der Ungläubigen in Palästina zu widmen; wofern 
aber dieses nicht ausführbar wäre, sich dem Papste zur Verfügung zu 
stellen.' Zugleich gelobten sie vor dem Angesichte Gottes, ihr Leben in voll¬ 
ständiger Armuth und Keuschheit dem Herrn zu widmen. Dieser fromme 
Verein gleichgesinnter Freunde war der erste Keim des späteren Ordens. 
Ein zwischen Venedig und der Türkei ausgebrochener Krieg verhin¬ 
derte ihre Reise in das hl. Land. Ignatius begab sich daher nach Rom 
und entwarf dort im Aufträge der Gesellschaft die Grundzüge der Ver¬ 
fassung des neuen Ordens. Der Papst Paul III. bestätigte denselben 
unter dem Namen der Gesellschaft Jesu (1540), weil er ganz dem 
Dienste und zur Nachfolge Jesu gestiftet war, bewilligte ihm große Vor¬ 
rechte und ernannte den Stifter zum Vorsteher (GeuLral) desselben. 
„Alles zur größeren Ehre Gottes!" war der Wahlspruch dieses Ordens. 
Wer in denselben treten wollte, mußte geloben: ehelos zu leben, imbe¬ 
dingt dem Vorsteher zu gehorchen, keine irdische Schätze zu besitzen und 
überall in die Welt auszuziehen, die Ungläubigen und Irrgläubigen zu 
bekehren. Jedes Mitglied hatte die Aufgabe, Allen Alles zu werden, 
um Alle für Christus zu gewinnen. Dieser Orden, der anfänglich nur 
aus zehn Mitgliedern bestand, zählte bei des Stifters Tode, im Jahre 
1556, schon über tausend. Nach und nach verbreitete er sich über alle 
Länder und Reiche, zur Zeit seiner höchsten Blüthe, in der Mitte des 
achtzehnten Jahrhunderts, zählte er über zwei und zwanzig tausend Mit¬ 
glieder , von denen mehr als die Hälfte geweihete Priester waren. Ob¬ 
schon in alle Welt zerstreuet, waren sie dennoch wie Glieder eines Kör¬ 
pers auf das Engste miteinander verbunden. Ihren gemeinschaftlichen 
Mittelpunkt fanden sie in dem General, der zu Rom seinen Sitz hatte 
unb von bort ans ben vereinten Kräften aller Zweige bie zweckmäßigste 
Richtung gab. An ihn ergingen alle Berichte von ben Untervorstehern 
der einzelnen Provinzen, welche wiederum viele Stufen bis zu dem letzten 
Gliede unter sich hatten, so daß der General, von den Vorgängen der 
ganzen Brüderschaft mit der größten Genauigkeit unterrichtet, jedem 
Mißbrauche auf das Schleunigste begegnen konnte. 
Ein Hauptgeschäft des Ordens war die Bildung der Jugend. Die 
Jesuiten-Schuleu standen in ganz Europa in hohem Ansehen, ihre Lehr-
	        
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