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Dieser Krieg mit der Türkei bot dem Könige Philipp V.
von Spanien eine erwünschte Gelegenheit dar, dem Kaiser, der
ihn noch nicht hatte anerkennen wollen, Sicilien und Sardinien
AN entreißen. Und da Philipp auch noch nach der f? anzösischen
Krone strebte, so schlossen jetzt (1718) England, Frankreich,
Holland und der Kaiser die Quadrupelallianz oder den
Viermächtebund und zwangen den König von Spanien, jene
Inseln wieder zu räumen und gegen seine Anerkennung vom
Kaiser auf alle ehemaligen spanischen Nebenländer in Europa
zu verzichten. Der Kaiser tauschte hierauf von Savoyen, Sici¬
lien gegen Sardinien ein, und der bereits im Tltrcchtcr Arie*
den zum Könige erhobene Herzog von Savoyen nannte sich
seitdem König von Sardinien.
Die pragmatische Sanction (1713). — Durch den
spanischen Erbfolgekrieg hatte der Kaiser erfahren, welches Un¬
glück für Fürsten unb Völker eine unbestimmte Thronfolge ha¬
ben kann. Da er nun ohne männliche Erben war, so fühlte
er sich verpflichtet, die Erbfolge in Oesterreich durch ein aus¬
drückliches Gesetz gegen jeden Streit und Anspruch festzusetzen.
Er erließ deshalb unter dem Namen pragmatische Sanc¬
tion*) (gesetzliche Anordnung) eine Erbfolgeordnung, welche
drei Punkte festsetzte: l) Die sämmtlichen zur österreichischen
Monarchie gehörigen Lander sollen nie getheilt werden. 2) Die¬
selben fallen in Ermangelung männlicher Nachkommen au Karl’»
Töchter und deren Nachkommen nach dem Rechte der Erst*
geburt. 3) Stirbt diese Linie ans, so erben die Töchter Jo¬
sephs I. und deren Nachkommen. Für die Anerkennung und
Gewährleistung dieser Bestimmungen sowohl von Seiten der
betheiligten Staaten als auch der auswärtigen Mächte war der
Kaiser in den letzten siebenzehn Jahren feiner Negierung
*) Pragmatische Sanction heißt im Allgemeinen ein vom Landes-
fürsten über eine wichtige Staatsangelegenheit verfassungsmäßig feft^efte
1er Grundsatz, welcher für ewige Zeiten unverletzlich und in Kraft W
den soll.