Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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Stadt den gemeinsamen Anstrengungen. Jetzt hatte Richard 
Löwenherz den frechen Mermuth, das siegreiche Banner Oester- 
reichs, welches der Herzog Leopold zuerst auf den Zinnen auf- 
gepflanzt hatte, herunterreißen und in den Koth treten zu lassen. 
Da zog Leopold, zu schwach, um solchen Schimpf an dem lieber* 
müthigen zu rächen, mit den Deutschen ab. 
Auch der König Philipp August konnte den stolzen hoch- 
fahrenden Sinn des Richard nicht länger ertragen und schiffte 
sich bald wieder ein, nur den Herzog von Burgund ließ er mit 
zehntausend Mann zurück. Richard aber zog weiter vorwärts; 
er erfocht manchen glänzenden Sieg über Saladin und erfüllte 
das ganze Morgenland mit dem Glanz und dem Schrecken seines 
Namens. Schon war er Jerusalem nahe, da verließ ihn plötzlich 
auch der Herzog von Burgund mit den französischen Truppen; 
selbst viele Engländer zogen mit den Franzosen ab. Voll In- 
grimm trat auch Richard jetzt mit dem traurigen Ueberbleibsel 
seines Heeres den Rückzug an. Er beschleunigte ihn so sehr 
als möglich, weil er die Nachricht erhalten hatte, sein Bruder 
Johann gehe damit um, sich auf den englischen Thron zu 
schwingen. Auf der Rückreise hatte er das Unglück, vom Sturme 
in's adriatische Meer verschlagen zu werden. Bei Aquileja, 
unweit Venedig, stieg er an's Land. Der Kaiser Heinrich VI. 
aber hatte an alle Reichslehnträger der südlichen Grenzen den 
Befehl ergehen lasten, auf den König zu fahnden, falls er die 
Reichsgrenze betrete. Als Pilger verkleidet nahm er nun seinen 
Weg durch Deutschland, ja mitten durch Oesterreich. Aber in 
dem Dorfe Erdberg (einer heutigen Wiener Vorstadt) wurde er 
in einer Schenke erkannt und dem Herzog Leopold ausgeliefert. 
Dieser ließ feinen Gefangenen auf das Schloß Dörenstein an 
der Donau in Haft bringen, und übergab ihn dann in Folge 
des ergangenen Befehls als einen Reichsfeind dem Kaiser. Der 
Kaiser hielt den stolzen Engländer in strenger Haft, ans Rache, 
weil er früher auch die unruhigen Sicilier gegen ihn unterstützt 
hatte, lieber die Nachricht von Richard's Gefangennehmung
	        
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