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an den Erzählungen ihrer Großthaten. Andere, welche kein Eigen-
thum besaßen, zogen mit ihren Knappen zu Roß von Land zu
Land, kehrten als Gaste ein bei anderen Rittern und gingen,
wie einst die griechischen Helden Herkules, Jason, Theseus, auf
Abenteuer aus. Solche nannte man fahrende Ritter. Bald
kamen wunderbare Erzählungen von Abenteuern in Umlauf,
welche diese Ritter sollten bestanden haben. Da hatte der eine
gegen fürchterliche Niesen, der andere gegen Zauberer, der dritte
sogar gegen feuerspeiende Drachen gekämpft!
Manche Ritter aber vergaßen die Würde ihres Standes so
sehr, daß sie fast nur von Streit und Fehde, von Raub und
Plünderung lebten. Aus ihren auf steilen Felfenhöhen erbauten
Raubburgeu überfielen die Ritter mit ihren Reisigen den Wan-
derer, den Bauer und den Städter, warfen Knechte nieder und
führten den Raub frohlockend mit sich fort auf ihre Burgen.
Auch an den Felsenufern der Flüsse erhoben sich drohend ihre
Burgen und forderten von den vorüberfahrenden Schiffen will-
kürliche Zölle. Noch sieht man, besonders an den Ufern des
Rheins und der Donau, als Ueberreste jener Zeit viele Schlösser
und Burgen, die jetzt mit ihren verwitterten Zinnen und
Thürmen still und friedlich über den Strom und das bewegte
Leben auf demselben hinschauen. Lustig dampfen und segeln
jetzt die Schiffe an diesen Schrecknissen der Vorzeit vorüber.
In den häufigen Fehden der Ritter unter einander wurden nicht
selten die blühendsten Saatfelder, des friedlichen Landmannes
ganzer Wohlstand, von den Hufen der wilden Streitrosse zer-
treten. Gegen solchen Uebermuth und solche Räubereien des
Adels vermochten die damaligen schwachen Kaiser keinen Schutz
zu gewähren. Auf ihren festen Burgen trotzten die Adeligen
allen Verordnungen des Kaisers. Sie betrachteten ihr ehrloses
Handwerk als ein Recht des Stärkeren. Das waren die trau-
rigen Zeiten des Faustrechtes, von welchen wiederholt die Rede
war. Erst die Erfindung des Pulvers und das dadurch ganz
veränderte Kriegswesen machten dem Ritterthume ein Ende.