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finnischen Meerbusen eine neue Stadt zu bauen, die nach ihm Peters-
bürg heißen sollte. Im Jahre 1703 legte er den Grund zu derselben,
indem er auf einer Insel in dem Hauptstrome der Newa eine Festung
anlegte. Um den Bau schnell zu betreiben, wurden selbst aus den ent-
ferntesten Gegenden des Reiches Tausende von Russen, Kosaken, Tata-
ren, Finnen und Kalmücken zusammengetrieben. Vierzigtausend Men-
schen arbeiteten binnen kurzem an demselben. Mit unendlicher Mühe
ward die Erde zusammengetragen, jedes Fahrzeug mußte Steine mit-
bringen, jeder Bauernmagen wenigstens drei Stück, und im ganzen
übrigen Lande sollte kein gemauertes Haus gebaut werden, bis die neue
Stadt fertig sei. Überhaupt zeigte sich auch bei diesem Werke jene rück-
sichtslose Strenge des Czaren, der bei seinen Bemühungen zu civilisieren,
nur zu oft vergaß, sich zuerst selbst der Barbarei zu entreißen. Binnen
vier Monaten war die Festung fertig, und nun ging es mit noch größerem
Eifer an den Bau der umliegenden Stadt. Um diese zu bevölkern,
mußten alle Städte und Orte des Reiches Kaufleute, Handwerker und
Künstler mit ihren Familien abschicken, um sich in Petersburg nieder-
zulassen. Mehre adelige Familien aus Moskau mußten den Winter in
der neuen Residenz zubringen. Auch aus den benachbarten Ländern,
besonders aus Deutschland, ließen sich viele in Petersburg nieder, so
daß sie bald eine der schönsten und volkreichsten Städte wurde.
Schlacht bei Pultawa sl709^>. — Während Peter mit dem Bau
seiner Stadt auf das eifrigste beschäftigt war, erhielt er plötzlich die
Nachricht: Karl habe mit dem Kurfürsten von Sachsen Frieden ge-
schlössen und sei mit seinem siegreichen Heere gegen ihn selbst in vollem
Anzüge. Der Czar erbot sich zum Frieden; Karl aber, stolz auf sein
Glück, ließ ihm die Antwort überbringen: in Moskau werde er ihm die
Bedingungen vorschreiben. Da rief Peter voll Selbstgefühl aus: „Mein
Bruder Karl will den Alexander spielen; er wird aber an mir keinen
Darms finden!" Diese Worte gingen in Erfüllung. Karl trat mit den
aufrührerischen .Kosaken in der Ukraine in Verbindung und belagerte die
etadt P u l t ä rv a, um sich der dortigen Magazine zu bemächtigen.
Mit einem Heere von siebenzigtausend Mann eilte Peter zum Entsätze
herbei und schlug am 8. Juli 1709 unter den Mauern der Stadt das
ans neunzehntausend Mann bestehende schwedische Heer so gänzlich, daß
der verwundete König nur mit Not, unter unsäglichen Gefahren, sich
auf das türkische Gebiet nach Bender rettete. Durch diese Schlacht