einnähme zu machen. Das mußte alle Einsichtigeren mit Unwillen er-
füllen. Keiner ist durch eine unwürdige Anpreisung des Ablasses berüch-
tigtec geworden, als der Dominikaner Johann Tetzel aus Leipzig.
Der Ablaßstreit. — Der Papst Julius II. hatte den Plan gefaßt,
in der Hauptstadt der christlichen Welt zu Ehre des Apostelfürsten
Petrus eine Kirche, die größte und schönste der Welt, zu erbauen, und
zwar in der Art, daß die gesamte Christenheit durch vereinte Mittel
diesen Prachtbau als Ausdruck ihrer frommen gläubigen Einheit her-
stellen sollte. Zu diesem Ende ließ er und sein Nachfolger Leo X. in
allen Ländern für jene, welche in wahrer Reue ihre Sünden beichten
und zu diesem Werke des Kirchenbaues einen Beitrag leisten würden,
in herkömmlicher Weise einen vollkommenen Ablaß verkünden. Mit
der Verkündigung desselben in Deutschland wurde der Kurfürst Albrecht
von Brandenburg, Erzbischof von Mainz und Magdeburg, beauftragt,
welcher die Ausführung dem Dominikaner-Orden übertrug. Von diesem
ward der vorerwähnte Johann Tetzel als Ablaßprediger ausgesandt, der
sich mit seinen Genossen bald über ganz Sachsen verbreitete. Nicht zu-
frieden, den Ablaß von der Kanzel herab zu verkündigen, sollen sie ihn
sogar auf Straßen und Märkten, in Wirts- und Privathäusern, wie
eine gemeine Ware öffentlich ausgeboten haben. Mag auch manches,
was über eine solche marktschreierische Thätigkeit Tetzels und seiner
Genossen berichtet wird, entstellt und weit über das Maß der Wirklichkeit
hinaus vergrößert worden sein, auf jeden Fall ermangelte ihr Verfahren
bei Anpreisung des Ablasses der gehörigen Würde und gab Anstoß.
Es stand zu erwarten, daß, sobald nur einer den Mut habe, gegen den
Mißbrauch öffentlich aufzutreten, alle Mißvergnügten sogleich seine
Partei ergreifen würden.
Luther (1517). — Damals lebte als Lehrer an der Hochschule zu
Wittenberg der Augustinermönch Martin Luther, der wegen seiner
Gelehrsamkeit und Sittenstrenge in hohem Ansehen stand. Er war der
Sohn eines unbemittelten Bergmannes, zu Eisleben am 10. November
1483 geboren. Nachdem er zuerst das Gymnasium zu Magdeburg, dann
zu Eisenach besucht hatte, bezog er, achtzehn Jahre alt, die Universität
Erfurt, um sich nach dem Wunsche seiner Eltern der Rechtswissenschaft
zu widmen. Allein diese entsprach des Jünglings Neigung nicht. Er
widmete sich lieber mit allem Eifer dem Studium der Religionswissen-
schaft und ließ sich, da es ihm um sein Seelenheil tiefer Ernst war, in