Pnesterehen und Investituren.
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vor diesem Getreide nicht sicher, da er in den Weihnachtstagen
am Altare überfallen, verwundet und unter vielen Mißhand¬
lungen in einen Thurm geschleppt wurde, aus dem ihn ein
allgemeiner Volksaufstand wieder befreiete.
Der König Heinrich mochte nicht ohne heimliches Wohl¬
gefallen die Augen auf diese Vorgänge gerichtet haben. Gregor
aber gab nicht kleinrnüthig verloren, sondern trat in dem fol¬
genden Jahre noch zuversichtlicher mit strengeren Maßregeln
hervor, und zwar gegen die Investituren. Darunter verstand
man die Belehnung der anzustellenden Geistlichen, namentlich
der höheren, von Seiten des Königs mit den Gütern, die als
weltliche Lehen zu dem geistlichen Amte gehörten und als solche
dem Könige allerdings dieses Recht einräumten. Solches ge¬
schah dann durch äußere Zeichen, durch Ring und Stab, welche
aber in der Kirche schon längst als Zeichen der Machtvollkom¬
menheit geltend waren. Daher, und weil die Belehnung von
der eigentlichen Einsetzung in das Amt nicht getrennt war,
schien es, als würde mit dieser Handlung auch die eigentliche
geistliche Vollmacht ertheilt. In der That hingen auf diese
Weise die geistlichen Aemter auch nur von weltlichen Herren,
nicht mehr von der Kirche ab. Und darin lag gerade die vor¬
züglichste Quelle der Simonie. Deshalb ließ Gregor auf einem
andern Koncilium zu Rom die Verordnung ergehen, daß die
Investitur künftig nicht mehr von dem Könige oder einem an¬
dern weltlichen Herrn, sondern nur von der geistlichen Be¬
hörde, je nach dem Unterschiede der Stellen von dem Papste
selbst oder von den Bischöfen, durch freie Wahl geschehen solle.
Im Uebertretungsfalle sollte über die Geistlichen, welche ein
Amt anders annähmen, sowohl, als auch über den König,
Herzog, Markgrafen u. s. w., wenn sie es ferner zu ertheilen
sich unterfingen, die Strafe des Kirchenbannes kommen.
Es war gerade die Zeit der siegreichen Rückkehr des Kö¬
nigs aus Sachsen, als der Bischof von Euer mit diesem Auf¬
träge nach Teutschland kam. Und Heinrich der König, in sei¬
nem Glücke übermüthig, wie verzagt im Unglücke, wollte von
nichts wissen, sondern handelte sofort gegen die Forderungen
des Papstes, nahm desfallsi'ge unbefugte Handlungen nicht zu¬
rück, übte fernerhin rücksichtslos und trotzig sein vermeintliches
Recht und nahm auch fünf exkommunicirte Räthe, welche er
früher auf des Papstes Geheiß entfernt hatte, wieder an seinen -
Hof. Da ließ ihn Gregor auf den Montag der zweiten Fasten¬
woche -vor seinen Richterstuhl nach Rom fordern (I. 1076).
Heinrich 4., taub und blind gegen den Zeitgeist und die ob<
waltenden Umstände, ließ sich bloß von leidenschaftlichen Ge¬
fühlen bestimmen. Deshalb ließ er in seinem Zorne eine Sy¬
node nach Worms zusammenkommen, daselbst das Absetzungs-