— 128 —
!
Wie erschrak Menelaus, als er zu Hause ankam und alles leer
fand! Da half nicht Klagen, nicht Drohen; der Fremde war
mit seiner Beute davon und wollte sie ihm durchaus nicht
zurück geben. Jetzt sann er auf Rache. Mit Gewalt wollte er
sie wieder holen. Alle Könige und Königsöhne im Lande umher
fanden sich bereit, den Rachezug mitzumachen. Sie alle kannten
und liebten die schöne Helena und sahen ihre Entführung als
einen Schimpf für ganz Griechenland an. Vorzüglich aber
lockte sie die Hoffnung auf die reiche Beute, welche sie aus
der eroberten und geplünderten Stadt fortzuführen gedachten.
Der Hafen Aulls in Böotien wurde zum allgemeinen Sam->
melplatze bestimmt. Dahin kamen mit ihren Scharen gezogen
Menelaus selbst und sein Bruder Agamemnon, König
von Mycenä; ferner der unerschrockene Diomedes aus Ar-
gos, Ajax aus Salamis, und Ajax aus Lokris, Patroklus
und Philoktetes aus Thessalien, Mnestheus aus Athen,
Jdomeneus aus Kreta und andere berühmte Helden. Der
ausgezeichnetste und gefeiertste aller Kämpfer aber war Achtl-
les, Führer der Myrmidönen aus Thessalien, der an Kühnheit
und Gewandtheit einem Löwen glich. Dagegen kam Keiner
an Klugheit und Erfahrung dem Odysseus (Ulysses), König
von Jthäka, und dem alten Nestor von Pylos (in Messenien)
gleich. Die Gesammtzahl der Griechen belief sich wohl auf
hunderttausend Mann, und beinahe zwölfhundert Schiffe dien-
ten zur Ueberfahrt. Agamemnon, den mächtigen König des
Landes, wählten die übrigen Fürsten zum Oberanführer, ließen
sich aber dadurch von der Herrschaft über ihre eigenen Völker
nichts nehmen.
Ein widriger Wind verhinderte lange das Auslaufen der
Flotte. Das schien ein Mißfallen der Götter anzudeuten. Man
holte einen Priester herbei, Kalchas hieß er; er sollte erforschen,
wie man ihren Zorn besänftigen könne. „Nur durch das
Blut der geschlachteten Jphigenta, der Tochter des Aga-
memnon!" war die schreckliche Antwort. Hierüber entsetzte sich
1