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Immer weiter und weiter mußten aber die Menschen aus-
einanderziehen, je mehr ihre Anzahl wuchs, und die Lebens-
mittel abnahmen. Sie zogen gewöhnlich den Lauf der Flüsse,
als natürlicher Wegweiser, entlang, weil dann ein Jeder atch
das nöthige Wasser zur Hand hatte. So mußten sie wandern,
mußten in der neuen Gegend, die vielleicht nicht so fruchtbar
war, von Mangel und Noth bedrängt werden, daß sie sich selbst
fragten: „Wie helfen wir uns?" Ein solcher Mangel aber war
jetzt für den Menschen recht wohlthätig. Denn dieser spornt
ihn zum Nachdenken und bringt die Geistesfähigkeiten, die Gott
in ihn gelegt hat, in Anregung. Er sollte die Freude haben,
Alles durch eigene Thätigkeit zu erfinden. Hätte ihm aber jetzt
noch die Natur Alles von selbst dargeboten, so würde er am
Ende wohl ganz in Unthätigkeit und Trägheit versunken sein,
und alle die herrlichen Anlagen seines Geistes wären unent-
wickelt geblieben. Selbst die Thiere des Feldes würden ihn in
gar manchen Stücken übertroffen haben. Denn auch in diese
hat der Schöpfer manche Anlagen und Fertigkeiten gelegt, die
den Menschen zum weiteren Nachdenken führen können. So
wurde selbst die Strafe der Sünde zu einer väterlichen Wohl-
that für den Menschen. Ueberall aber, wo seine Kräfte nicht
mehr ausreichten, half die Vatergüte Gottes nach.
Die älteste Beschäftigung, die Gott den ersten Menschen
anwies, war der Ackerbau. Uralt wie dieser ist auch die
Viehzucht. An derselben Stelle, wo die Bibel Kain einen
Ackersmann nennt, nennt sie seinen Bruder Abel einen
Schafhirten.
Das Leben der Menschen in der Urzeit war im Ganzen
noch höchst einfach und der Natur angemessen. Darum erreichte
auch ihr Alter eine so staunenswerte Höhe. Das höchste
Leben ist jetzt siebenzig, achtzig Jahre. Eine Seltenheit sind
hundert Jahre, und Über hundert sechzig Jahre hat man mit
Gewißheit gar kein Beispiel. Wie ganz anders jene Greise
vor der Sündfluth! Moses rechnet ihr Alter zu fünfhundert
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