Full text: Geschichte des Mittelalters (Teil 2)

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Unter den rastlosen Bemühungen war der hl. Bonifacius bereits 
zum Greise geworden. Aber sein glühender Eifer für die Sache Gottes 
ließ ihn nicht ruhen. Nicht in äußerem Glänze suchte er seine Ehre, 
sondern einzig in der Ausbreitung des christlichen Glaubens. Er über- 
ließ daher mit päpstlicher Genehmigung die Verwaltung des Erzbistums 
seinem treuen Schüler Lullus und beschloß, seine letzte Kraft zur gänz- 
lichen Bekehrung der noch teilweise heidnischen Friesen zu verwenden. 
Hier aber wartete seiner nach einem so rühmlichen Leben ein ebenso 
rühmlicher Tod. Schon hatte er eine große Menge Friesen für Christus 
gewonnen, als die Heiden erbittert über ihn herfielen und den wehrlosen 
Greis mit zweiundfünfzia Gefäbrten in der Näbe von Dokkum ermor- 
deten. Seine einzige Schutzwaffe war das Evangelium, welches er im 
Leben beständig bei sich trug und in der Todesgefahr über sein Haupt 
hielt. Die Heiden, welche große Schätze rauben zu können glaubten, 
fanden nur Bücher und Reliquien von Heiligen, die sie unwillig zer- 
streuten. So starb der heilige Mann, im Jahre 755, in der Erfüllung 
seines Berufes, mit dem seligen Bewußtsein, seinem Gotte bis zum letz- 
ten Lebenshauche gedient zu haben. Seine Gebeine ruben *u ftulbg. 
Jedoch ging das schön begonnene Werk nicht mit ihm unter, sondern 
lebte fort und trug immer herrlichere Früchte. Die vielen errichteten 
Kirchen und Klöster und die mit denselben verbundenen Lehranstalten 
waren eben so viele Pflanzschulen des Christentums und verbreiteten 
Licht und Aufklärung rings um sich her. In den Klosterschulen lernten 
die Kinder Lesen, Schreiben, Rechnen; auch trieben die Mönche Hand- 
werke und verfertigten alles, was das Leben erheischt. Von ihnen lernte 
der Landmann solche Arbeiten, verbesserte dadurch seinen Zustand, und 
seine schlummernden Kräfte wurden geweckt und angewandt. Wälder 
wurden gelichtet, wilde Gewässer abgeleitet, austretende Ströme einge¬ 
deicht, unfruchtbare Steppen in blühende Felder umgewandelt. Von 
den erfahrenen und gesitteteren Fremdlingen erhielt der Landbewohner 
für seine Gärten südliche Sämereien, Blumen und Bäume, fremde 
Kornarten, die auch unter einem kälteren Himmel gedeihen, und lernte 
von ihnen Kräuter kennen, nahrhaft als Speise und heilsam als Arznei- 
mittel. Der heidnische, im Kriegshandwerke rauh aufgewachsene Deutsche 
wurde nach und nach ein gesitteter, christlicher Landmann. Dort, wo 
sonst die blutigen Altäre des Wodan standen, erhob sich jetzt das Kreuz 
Christi, heilige Lieder erschallten zu des wahren Gottes Ehre, und seier-
	        
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