Full text: Auszug aus dem Lehrbuche der Weltgeschichte für Schulen

Die Armee, die Schule der Nation in Waffen 29 
(Europa lastet. Uns, glaube ich, blüht diese Aussicht nicht. (Ein großer, 
weltgeschichtliches (Ereignis, wie die Hufrichtung des Deutschen Reiches, voll¬ 
zieht sich kaum in einer kurzen Spanne Seit, was wir in einem halben 3ahre 
mit den Waffen errungen haben, das mögen wir ein halbes Jahrhundert 
mit den Waffen schützen, damit es uns nicht wieder entrissen wird. Darüber, 
meine Herren, dürfen wir uns keiner Täuschung hingeben; wir haben seit 
unseren glücklichen Kriegen an Achtung Überall, an Liebe nirgends gewonnen. 
Nach allen Seiten stoßen wir auf Mißtrauen, daß Deutschland, nachdem 
es mächtig geworden, in Zukunft ein unbequemer Nachbar sein könnte. 
(Der Redner weist dann auf die Stimmung in den Nachbarstaaten, nament¬ 
lich auf die andauernden Rüstungen und heeresvermehrungen in Frankreich hin. 
Solcher Lage gegenüber müsse die innere Güte der deutschen Armee aufrecht¬ 
erhalten werden, weder dürfe man ihren Präsenzstand vermindern noch die 
Dienstpflichtzeit verkürzen oder gar zu einem Milizheer kommen, kluck könne 
der Präsenzstand nicht einer jährlichen Bewilligung unterliegen, sondern die nor¬ 
male Ziffer müsse eine lange Reihe von Jahren eine konstante sein.) 
. .. wir werden der Welt zeigen, daß wir eine mächtige Nation ge¬ 
worden und eine friedliebende geblieben sind, eine Nation, die den Krieg 
nicht braucht, um Ruhm zu erwerben und die ihn nicht will, um Erobe¬ 
rungen zu machen. — Ich hoffe, wir werden eine Reihe von Jahren nicht 
nur Frieden halten, sondern auch Frieden gebieten; vielleicht überzeugt sich 
dann die Welt, daß ein mächtiges Deutschland in der Mitte Europas die 
größte Bürgschaft ist für den Frieden von (Europa. 
24. Die Armee, die Schule der Ratton in Waffen? 
Die Armee ist die Schule der Nation in Waffen. Ja, das ist viel mehr 
als ein schönes wort, wir haben es so ernst genommen, daß wir es in 
die Verfassungsurkunde aufzunehmen für ernst genug hielten, und wir haben 
ein volles Recht gehabt. (Es ist das wahrhaftig eine Schule wie im antiken 
Staate, die zur (Ergänzung der Körperkraft des Mannes dienen und den 
Charakter zugleich erziehen soll, die unsere Volksschule in ihrer ungleichen, 
zum Teil dürftigen Gestalt nachträglich vervollständigt, die Schule, die, wie 
mein hochverehrter militärischer Vorredner hervorhob, in ein, zwei, drei 
Jahren Dienstzeit Ordnung, Zucht, Reinlichkeit, die Gewöhnung an Gehor¬ 
sam, das Bewußtsein der Zugehörigkeit zum Staat und alle die Eigenschaf¬ 
ten entwickelt, deren (Entwicklung wir heute dringender bedürfen als jemals. 
Denn heute gerade ist gegen die stetige Tendenz der Verweichlichung in 
den vornehmen Klassen, gegen die Tendenz der Verkümmerung der körper¬ 
lichen Entwicklung in der Fabrikbevölkerung, gegen die allgemeine Genuß- 
und Erwerbssucht die Verpflichtung, ein, zwei, drei Jahre seinem Staate zu 
dienen, das unersetzliche Gegengewicht. 
1 flus einer Rede des Abgeordneten Dr. Gneist in der Sitzung des Reichs¬ 
tages am 16. Februar 1874. Stenogr. Berichte I, S. 93.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.