II. Die Zeit des Interregnums.
1. Das Interregnum (1256—1273).
Seit Friedrichs II. Tod und seit dem Weggang Kourads IV. aus
Deutschland war das deutsche Königtum zu völliger Ohnmacht herab-
gesunken. Denn, auch der Gegenkönig der Hohenstaufen, Wilhelm
von Holland, wurde durch einen frühzeitigen Tod, den er 1256
im Kampf gegen die Friesen fand, verhindert, das gesunkene Ansehen
des Kaisertums zu heben. Die Fürsten des Reiches aber hatten in
der langen Zeit der Parteikämpse gänzlich verlernt, sich als Glieder
des Reiches zu fühlen; jeder von ihnen strebte, auf Kosten des König-
tnms und der schwächeren Nachbarn seine eigne Macht zu erhöhen
und seinen Besitz zu vergrößern. Daher konnte es geschehen, daß nach
Wilhelms Tod gar niemand ernstlich an die Wiederbesetzung des er-
ledigten Königsthrones dachte. Ja schließlich erkauften zwei auswärtige
Fürsten, der spanische König Alsonso von Kastilien und der englische
Prinz Richard von Cornwallis, von Eitelkeit getrieben, die deutsche
Krone von den Fürsten des Reiches. Allein der Spanier zeigte sich
nie, der Engländer nur einige Male vorübergehend im Reiche; in
Wirklichkeit war dieses völlig herrenlos geworden. Das ist die Zeit
des Interregnums, 1256—1273, in welcher die Gewalt höher
im Werte stand als das Recht, die Zeit, in der das Recht des
Stärkeren, das Faustrecht, waltete und auch die Fem- oder Freigrafen-
gerichte nur wenig gegen die allgemeine Gewaltthätigkeit vermochten.
So lag während des Interregnums die kaiserliche Macht in
Deutschland gänzlich darnieder. Dafür machte sich in dieser Zeit eine
kleinere Anzahl der mächtigsten Fürsten zu Führern des Reichs. Das
waren die sieben Kurfürsten, wie sie sich nannten, weil sie das
Recht der Königswahl für sich allein beanspruchten und fortan allein
auch ausübten. Zu diesem Kurfürstenkollegium gehörten drei
geistliche Fürsten, die rheinischen Erzbischöfe von Mainz, Trier
und Köln, und vier weltliche, der Herzog von Sachsen, der
Markgraf von Brandenburg, der Pfalzgraf vom Rhein und
der König von Böhmen.
2. Die Femgerichte.
Eine besondere Erscheinung erzeugte die unruhige und gesetzlose
Zeit des Interregnums in den Femgerichten. Ursprünglich waren
das die alten fränkischen Volks- und Gaugerichte, wie sie sich unter