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aber leider bald in die Hände der Holländer fiel. So wurde er der Neu-
grün der des Staates und verdiente sich den Beinamen „der Große
Kurfürst" durch seine Friedenswerke in dem nämlichen Maße, als durch
die vielen Kriege, in die er verwickelt wurde.
4. Kriegsthaten und vaterländische Bestrebungen. Indem er in dem
fünfjährigen Kriege zwischen Polen und Schweden auf schwedische Seite
trat, erlangte er durch den Vertrag von Wehlau (1657), daß Polen der
Oberhoheit über Preußen entsagte, und im Frieden von Oliva (1660) An¬
erkennung als „unabhängiger Herzog von Preußen". Als Ludwig XIV. von
Frankreich die Niederlande mit einem Raubkriege überzog, brachte er dem
Statthalter Hilfe. Und als auf Ludwigs Anstiften die Schweden dafür 1674
in sein eigenes Land einfielen und rohe Gewaltthat übten, da mußten sich
zunächst die märkischen Bauern selbst mit Dreschflegeln, Heugabeln und
Sensen ihrer erwehren.
Noch heute hängt in dem altmärkiscken Dorfe Dannefeld eine Fahne aus dieser Zeit
mit der Inschrift:
„Wir sind Bauern von geringem Gut
Und dienen unserm Kurfürsten mit uuserm Blut."
Dann aber brach er, am 26. Mai 1675, mit 6000 Dragonern (leichten
Reitern) von Schweinfurt a. Main auf („vom Rhein zum Rhin"), nahm
durch List Rathenow und schlug die Schweden am 18. Juni 1675 voll¬
ständig bei Fehrbellin. Der erste Sieg, den hier Brandenburger gegen
überlegene Feinde, allein, ohne Fußvolk, dauk ihrer Tapferkeit, Begeisterung
und guter Führung errangen, trug dem Kurfürsten den Beinamen des
„Großen Kurfürsten" ein, den Schweden aber viel Spott und Schande.
(Eine rührende Sage knüpft sich dabei an den Tod seines Stallmeisters
Emanuel von Froben.) Darauf verjagte er die Schweden vollends aus
der Mark und Pommern, wo sie 1678 mit 18000 Mann aus Livland ein¬
gefallen waren, durch den berühmten Feldzug auf Schlitten, über das zuge-
frorene Haff 1679. Aber das so fchwer Errungene entzog ihm fast alles
der Neid und Haß des Kaisers und der Verbündeten im Frieden von St.
Germain eu Laye 1679. Ja, als ihm durch das Absterben des letzten Herzogs
von Liegnitz, laut der Erbverbrüderung von 1535, die schleichen Herzog¬
tümer zufallen sollten, ließ sie der Kaiser sich zusprechen und bot den
Brandenburgern dafür den Kreis Schwiebus. Da soll der Kurfürst ausgerufen
haben: „Mögest du, wer auch, erstehn, ein Rächer aus unsern Gebeinen!"^)
Aber vor undeutscher Haltung und vor Hinneigung zu Frankreich bewahrte
ihn sein deutsches Ehrgefühl, feine Ergebenheit gegen den deutschen Kaiser,
der Zorn über die Raubkriege und Glaubeusbedrückungen des „allerchrist-
') „Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor."