Full text: Sagen und Geschichten aus dem Altertume (Teil 1)

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einem Landhause und hielt sich da verborgen. Da er aber erfuhr, daß man 
seinen treuen Diener folterte, um von demselben seinen Aufenthaltsort zu er- 
fahren, lieferte er sich freiwillig den Soldaten aus. Vor dem Statthalter hielt 
er standhaft an seinem Bekenntnisse fest, und darauf wurde er auf einem 
Scheiterhaufen verbrannt. Auch Frauen legten in dieser Bedrängnis einen 
bewunderungswürdigen Glaubensmut an den Tag. So wurde in Karthago 
eine vornehme Frau Perpetua mit einer Dienerin Felicitas verhaftet und 
nach standhaftem Bekenntnisse zum Tode verurteilt. Sie wurden in Netze 
gehüllt und einer wilden Kuh vorgeworfen. Sie umarmten einander und starben 
so würdig und ergeben, daß viele im Volke Mitleid und Rührung empfanden. 
Unter Domitian wurde sogar die schöne, edle Vestalin Sylvia während eines 
jener grausamen Volksfeste, bei welchen wehrlose Christen wilden Tieren preis- 
gegeben wurden, von dem Beispiele der Glaubenshelden angetrieben, in den 
Zirkus hinabzuschreiten, sich als Christin zu bekennen und unter den Tatzen 
eines Löwen die Taufe in ihrem eigenen Blute zu empfangen. 
3. Der heilige Lebenswandel der ersten Christen. Der Wandel der - 
ersten Christen, besonders in Jerusalem, bot ein überaus schönes Bild dar. 
Sie zeichneten sich durch Frömmigkeit und Nächstenliebe aus. Alle lebten in 
größter Eintracht. Kein Notleidender war unter ihnen; denn zur Unterstützung 
der Dürftigen verkaufte der Reichere freiwillig, was er entbehren konnte, Äcker 
und Häuser, und brachte den Erlös zu den Füßen der Apostel, damit sie ihn 
unter die Armen verteilten. Unwürdige wurden aus der Gemeinschaft ans- 
geschlossen (exkommuniziert) und nur nach einer Zeit ernster Reue und Besserung 
und nach öffentlicher Kirchenbuße wieder aufgenommen. Der Gottesdienst 
wurde zur Zeit der Christenverfolgungen in Privathäusern oder in den Kata- 
komben (besonders bei Rom und Neapel), d. i. in unterirdischen Steinbrüchen 
und Begräbnjshöhlen abgehalten. Später bezog man die Basiliken (Gerichts- 
und Börsenhallen), seltener heidnische Tempel und baute auch selbst Kirchen 
(= Häuser des Kyrios oder Herrn). Viele zogen sich entweder als Einsiedler 
(Eremiten) oder als Mönche und Nounen in Klöstern von der Welt zurück. 
So überdauerte der christliche Glaube die Verfolgungen der Juden und Heiden 3 » i 
und die Stürme der Völkerwanderung und verbreitete sich unmerklich, aber g "fj -g -51 
unaufhaltsam über Länder und Völker als Weltreligion. ± j= 5 11 
Unter Kaiser Gallien (260—268) tonrbe die christliche Religion eine „erlaubte", unter £ ■§ g 
Konstantin die meistbegünstigte, unter Theodosins (378—395) aber zur Staatsreligion erklärt. ^ c J « i 
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§ 58. Aer Ausgang des römischen Reiches. 0 
1. Der Verfall des Reiches. Mit Marc Aurel (180) war der letzte der 
„guten Kaiser" gestorben, und mit seinem unwürdigen Sohne Cömmodus 
(180—192) beginnt die Reihe der Kaiser, welche den Verfall des Reiches 
herbeiführten oder nicht mehr aufhalte» konnten. Die Soldaten, besonders die
	        
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