Metadata: Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker (Band 3)

Stolz Ludwigs XIV. 
265 
entstand das tote, einförmige Wunderwerk, eine prachtvolle Einöde ohne Frische und Jugend, 
wie sein Gründer es war. Hier sah man Feste an Feste sich reihen, Theater, an welchen 
auch Prinzen teilnahmen, Feuerwerke, italienische Ballets. Dorthin wurde der Adel Frank¬ 
reichs gezogen und durch Übertragung von Hofämtern von der Gnade der Krone abhängig 
gemacht. Es sollte der provinzielle Geist erlöschen, der belebende Atem für ganz Frankreich 
nur von dem Hofe von Versailles ausgehen. Französische Garden, Schotten und Schweizer 
umgaben den König selbst auf Reisen; eine furchtbare, geheimwirkende, selbst von den Prinzen 
von Geblüt gefürchtete Polizei streckte ihre Riesenarme über ganz Frankreich. 
iCTllUliijr 
Wasserkünste bei dem Schlosse von Versailles zur Zeit Ludwigs XIV. 
Ludwig XIV. hatte keine gediegene wissenschaftliche Erziehung genossen. Allerdings hat 
sich seine Mutter, Anna d'Anstria, viel Mühe itm ihren Sohn gegeben. Sie wohnte den 
Vorlesungen bei, die man ihm gab, und unterrichtete ihn selber. Sie duldete niemand in 
seiner Nähe, von dem er etwas Schlimmes annehmen konnte. Aber der Erfolg entsprach 
ihren Mühen nicht. Ludwig arbeitete; aber Ehrgeiz und Stolz war die Triebfeder. Mit 
der Geschichte der Gesetzgebung seines Landes war er fast völlig unbekannt. Durch Schmei¬ 
cheleien war der König zu allen Zeiten zu beherrschen, auch die gröbsten verletzten ihn nicht. 
Hohe und edle Gesinnung gewannen ihn nicht, der einzige Weg, ihm zu gefallen, bestand in 
kriechender Untertänigkeit. Und doch hatte Ludwig XIV. viel natürlichen Verstand und eine 
große Gabe, sich die Gedanken anderer anzueignen. Er wußte sich zierlich und gewandt aus¬ 
zudrücken, niemals vergab er der äußeren Würde, eilt Verstoß gegen diese galt ihm mehr 
als die gröbste Unsittlichkeit. Er sah es gern, wenn seine Minister sich deutschen Fürsten 
gleichsetzten, da der Glanz seiner Diener nur ein Ausfluß der eigenen Größe war. Der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.