Full text: Deutsche Geschichte von der Thronbesteigung Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

Kaiser Wilhelm I. 
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päischen Friedens sein." Er schloß mit dem Wunsche: „Möge dem 
deutschen Reichskriege, den wir so ruhmreich geführt, ein nicht minder 
glorreicher Reichs friede folgen, und möge die Aufgabe des deutschen 
Volkes fortan darin beschlossen sein, sich in dem Wettkampfe um die Güter 
des Friedens als Sieger zu erweisen!" 
Trotz dieser friedlichen Versicherungen stand das Ausland dem neuen 
Reiche mißtrauisch gegenüber. Frankreich, das sich rasch erholte und 
durch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, Verbesserung der 
Waffen usw. fem Heerwesen unermüdlich vervollkommnete, drohte fort- 
während mit einem „Rachekriege". Deshalb erwies sich die schrittweise 
Verstärkung unserer Wehrkraft zu Wasser und zu Lande als 
unbedingt notwendig. Das einheitlich gegliederte deutsche Heer bestand 
unter Wilhelm I. aus 18 Armeekorps, von denen Preußen das 1. bis 
11. und das Gardekorps, Sachsen das 12. königlich sächsische, Württem¬ 
berg das 13. königlich württembergische, Baden das 14., die vier König¬ 
reiche gemeinsam das 15. (in Elsaß-Lothringen) und Bayern 2 königlich 
bayrische Armeekorps aufstellte. Die Friedenspräsenz, d. h. die Stärke des 
Reichsheeres im Frieden ohne die Offiziere und Einjahrig-Freiwilligen, 
wurde gleich nach dem Kriege auf 1 vom Hundert der Bevölkerung, 
d. h. rund 400 000 Mann festgesetzt. Mit der wachsenden Bevölkerung 
stieg diese Zahl von Jahr zu Jahr. Die Kriegsdienstpflicht wurde 
in der Reichsverfassung auf drei Jahre bei der Fahne (Linie), vier Jahre 
in der Reserve und fünf Jahre in der Landwehr bemessen. Aber die 
gewaltigen Rüstungen Frankreichs und Rußlands (S. 362) machten die 
Wiederherstellung der Landwehr zweiten Aufgebots (sieben Jahr- 
gänge) und die Verlängerung der Dienstpflicht bis zum 39. Lebens- 
jähre notwendig (1888) 
Mit der Vermehrung der Truppen ging die Verbesserung der Aus- 
bildung und Ausrüstung und der Ausbau der Festungen Hand in 
Hand. Auch unsere Kriegsmarine machte große Fortschritte. Nicht 
lange vor seinem Tode legte der neunzigjährige Kaiser noch den Grundstein 
zu dem Nordostseekanal (Juni 1887), der unserer Flotte ermöglicht, 
rasch aus der Nordsee in die Ostsee und umgekehrt zu fahren. Der Bau 
wurde im Juni 1895 vollendet und Kaiser-Wilhelm-Kanal genannt. 
Demselben Zwecke der Erhaltung des Friedens diente das Drei- 
kaiserbündnis, an dessen Stelle später der Dreibund trat. In den 
i Bei der Begründung der Militärvorlage im Reichstage sprach Bismarck mit 
Bezug auf Rußlands drohende Haltung das demütig-stolze Wort: „Wir Deutsche 
fürchten Gott, aber fönst nichts in der Welt."
	        
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