248 Achter Zeitraum. Bis zur Wiederherstellung des Deutschen Reiches.
seinem eigenen Lande angegriffen wurde, sondern überschritt im Herbste des
Jahres 1756 die sächsische Grenze, um zunächst Sachsen in seine
Gewalt zu bringen und dann von hier aus den Stoß gegen Österreich
zu führen. Das sächsische Heer wagte keinen Widerstand im offenen Felde
und bezog bei Pirna a. d. Elbe ein festes Lager. Als Friedrich dieses
angriff, nahte von Böhmen her ein österreichisches Entsatzheer.
Der König zog ihm entgegen und besiegte es bei Lobositz a. d. Elbe.
Nun mußten sich die Sachsen ergeben. Der Kurfürst Friedrich
August II. begab sich mit seinem Hofstaate nach Warschau. Sachsen wurde
als erobertes Land behandelt und mußte fast während des ganzen Krieges
dem preußischen Könige Steuern zahlen und Rekruten stellen.
Das Jahr 1757. Prag, Kolin, Hastenbeck, Grohjiigersdorf, Roßbach,
Leuthen. Wegen der „friedbrüchigen Vergewaltigung" Sachsens richtete der
Kaiser Franz ein Warnungsschreiben an Friedrich. Bald darauf beschloß der
Regensburger Reichstag den Reichskrieg gegen „den Kurfürsten von Branden-
bürg" und das Aufgebot einer „eilenden Reichshilfe", welche ein Druckfehler in
eine „elende" verwandelt haben soll.
In der Tat hatte Friedrich von den nach Kleidung, Ausbildung und Be-
waffnung buntgemischten Reichstruppen nicht viel zu fürchten, zumal da ein
Teil der norddeutschen Staaten (Gotha, Braunschweig u. a.) auf seiner Seite
stand. Aber die Gegner, welche im Jahre 1757 aus Nord und Süd,
aus Ost und West zur Zerstückelung des preußischen Staates an-
rückten, hatten ungefähr y2 Million Streiter, während Friedrich
nur über 200 000 Mann gebot.
Der König durchschaute den Ernst seiner Lage und traf für alle Fälle seine
Anordnungen. Sollte er in Gefangenschaft geraten, so dürfe man auf ihn
nicht die geringste Rücksicht nehmen; „weder eine Provinz noch einen Heller"
solle man für ihn opfern. Die Abwehr des feindlichen Angriffs regelte er in
folgender Weise: Gegen die Russen schickte er den Feldmarschall Lehwaldt; die
Bekämpfung der Franzosen siel dem englisch-hannoverschen Heere unter dem
Herzoge von Cumberland, die der Schweden dem pommerschen Landsturm zu.
Gegen den gefährlichsten Feind, die Österreicher, zog er selbst zu Felde. Sein
Plan war, durch Böhmen in das Herz des österreichischen Staates einzudringen.
Friedrich eröffnete den Feldzug des Jahres 1757 mit dem Siege
bei Prag, den er unter furchtbaren Verlusten über seinen alten Gegner,
den Prinzen von Lothringen, davontrugt. Sein Feldmarschall
Schwerin fiel mit der Fahne in der Hand. Nach der Schlacht be-
lagerten die Preußen die Stadt Prag. Als nun der Feldmarschall Daun
zum Entsätze heranzog, rückte Friedrich ihm entgegen, erlitt aber bei
Kolin a. d. Elbe (östlich von Prag) seine erste schwere Niederlage.
1 Die Verluste in ben ©chiefischen Kriegen waren verhältnismäßig
viel größer als in ben Kriegen ber neuesten Zeit.