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In neuerer Zeit hat man sich aus manchen Gründen dahin vereinigt, 
daß der Mensch zwischen den pflanzen- und zwischen den fleischgenießenden 
Wesen mitten inne stehe; Zähne, Beschaffenheit nnd Gestalt des Magens, 
sowie die Eingeweide, welche in Bezug aus den Genuß und die Verdauung 
der Speisen so wichtige Funktionen zu verrichten haben, sprechen dafür. 
Ärzte und Naturforscher haben ausgemittelt und nachgewiesen, daß 
die Eingeweide (oder vielmehr Gedärme) beim Menschen etwa sieben¬ 
mal so lang sind, als der Körper. Bei den vorzugsweise von Pflanzen¬ 
nahrung lebenden Assen findet so ziemlich dasselbe Verhältnis statt, 
während die Gedärme der fleischfressenden Tiere die Körperlänge nur 
zwei- bis höchstens fünfmal übersteigen; ersteres z. B. bei den Blut¬ 
saugern, so wie bei dem bekannten Ichneumon, da deren Nahrung leiäst 
zu verdauen ist. Bei dem Löwen, Panther, Tiger steht das Verhält¬ 
nis der Länge der Gedärme zu jener des Körpers wie drei, beim Wolfe 
wie vier, beim Hunde wie fünf zu eins; bei der wilden Katze wie 
drei, bei der Hauskatze aber, da diese auch Pflanzennahrung zu sich 
nimmt, schon wie fünf zu eins. Bei den pflanzenfressenden Tieren 
sind sie dagegen weit länger als bei den fleischfressenden. Die des 
Häsens und Kaninchens übertreffen die Körperlänge wohl zwölfmal, 
die des Kamels und Dromedars zwölf- bis fünfzehnmal, der Kuh 
zweiundzwanzig- und des Schafes achtundzwanzigmal. 
Die Physiologen (Kenner der Tier- und Menschenkörpernatur) 
stellen den Satz aus, daß die Pflauzenfresser ein kräftiges und stark aus¬ 
gebildetes Eingeweidesystem, dagegen aber ein wenig ausgebildetes 
Muskelsystem haben. Bei den fleischfressenden Tieren findet gerade 
das Umgekehrte statt; der Löwe ist bedeutend stärker als ein Pferd 
oder ein Stier, obschon beide weit größer sind. Selbst der Mensch, 
der von gemischter Nahrung lebt, ist auf die Länge weit größerer 
Ausdauer fähig als das Pferd. Man hat aus alle dem den Schluß 
gezogen, daß der Genuß von Fleischspeisen den Körper kräftigt. 
Wie gesagt, der Mensch ist in Bezug auf die Nahrung nicht einseitig; 
er hat die Auswahl, und da die Fleisch- und Pflanzenkost ihm gleich gut 
zusagt, da er sich imstande befindet, beide zu verdauen, so ist er auch 
wohl von der Natur auf beide angewiesen. Aber äußere Umstände und 
Ursachen können einzelne Menschen wie ganze Völker bestimmen, ihre 
Nahrung mehr dem Pflanzen- oder dem Tierreiche zu entnehmen. In 
dieser Hinsicht kommt gar viel auf den Himmelsstrich an, unter wel¬ 
chem man lebt. In nördlichen Klimaten würde der Mensch, wenn er 
lediglich auf Pflanzenkost beschränkt wäre, sich schwerlich Wohlbefinden; 
so wie hingegen der ausschließliche Genuß von Fleischspeisen in heißen 
Ländern ihm mcht zuträglich sein kann, weil derselbe infolge der 
klimatischen Einwirkungen gefährliche Krankheiten verursacht, wie es 
z. B. viele Engländer in Ost- und Westmdien zu ihrem großen Nach¬ 
teil erfuhren, als sie in Bengalen und auf den Antillen ihr Roastbeef 
und Plumbudding nicht aufgeben wollten. 
<3 e org- Eckert-1 n3tituf 
• für internationale 
Schulbuchforschung 
Braunschweig 
-Schulbuchbibiiothe'k -
	        
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