Jusünian. Thcodora. 
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nehmend schön, hatte einen unvergleichlichen Anstand und war ganz 
der Liebling des Publicums. Ihre Aufführung war dagegen gar 
nichts werth, und so gern man sie auch ihrer Schönheit wegen an¬ 
sah, so verachtet war sie doch dabei wegen ihres Leichtsinns, und 
jeder rechtliche Mann ging ihr gern aus dem Wege. Mit einem 
Male war sie wie umgeändert; sie saß fleißig zu Hause, spann 
Wolle und war die Bescheidenheit selbst. Aber Alles nur zum 
Schein, um dadurch die Zuneigung Jnstinians zu gewinnen, der 
damals noch nicht Kaiser war. Sie erreichte auch ihren Zweck 
vollkommen, und kaum war Justiuian Kaiser, so heirathete er — 
alle Leute verdachten es ihm — die verworfene Theodora und 
machte sie zur Kaiserin. Aber so groß ihre Macht nun auch war, 
so eifrig nun auch die Schmeichler um ihren Thron krochen, sie 
hatte doch keine rechte Freude am Hofe. Ein nicht ganz zu unter- ■ 
drückendes Gefühl von Scham machte, daß sie sich gern den Blicken 
der Höflinge entzog und lieber auf ihren Lustschlössern an den 
reizenden Ufern des Meeres von Marmora zubrachte. Jedem sah 
sie argwöhnisch ins Gesicht, ob er auch durch eine Miene etwa 
seine Verachtung gegen sie verrathe, und immer unterhielt sie eine 
Menge von Kundschaftern, die Alles, was über sie Nachtheiliges 
gesprochen wurde, sogleich ihr wieder hinterbrachten. Und dann 
wehe dem Unbesonnenen! Ihre Rachsucht kannte keine Grenzen. 
Viele verschmachteten in tiefen, dunkeln Kerkern; Andere wurden 
umgebracht, und Theodora weidete sich oft am Anblick ihrer Qualen. 
Jnstinian erfuhr von allen diesen Greueln nicht viel. Er hatte sie 
sehr lieb; und wirklich ist sie auch eine treue Gehülfin seiner 
Regierung gewesen und hat an Allem, was er Gutes und Großes 
gethan hat, vielen Antheil. Wie Schade, daß diese kluge Frau 
kein gutes Herz hatte! In ihrem Hause ist sie auch nie glücklich 
gewesen. Sie wünschte sich so gern einen Sohn und schickte oft 
zum Himmel deswegen die heißesten Gebete; aber vergebens. Es 
war als wenn ein Fluch auf ihr ruhte. Endlich bekam sie eine 
Tochter und freute sich darüber sehr; aber das Kind starb, ehe es 
heranwuchs. Sie selbst war auch immer kränklich und starb vor 
dem Kaiser, der sie noch lange beweinte. 
Narses hatte endlich (555) nach einem 20jährigen Kriege, 
in welchem vor ihm Belisar ausgezeichnet gestritten hatte, das Reich 
der Ostgothen in Italien zerstört, und dies Land wurde nun eine 
griechische Provinz. Aber die griechischen Kaiser hatten davon nicht 
viel Gewinn. Der Krieg hatte das Land verwüstet und 568 brach
	        
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