Jusünian. Thcodora.
7
nehmend schön, hatte einen unvergleichlichen Anstand und war ganz
der Liebling des Publicums. Ihre Aufführung war dagegen gar
nichts werth, und so gern man sie auch ihrer Schönheit wegen an¬
sah, so verachtet war sie doch dabei wegen ihres Leichtsinns, und
jeder rechtliche Mann ging ihr gern aus dem Wege. Mit einem
Male war sie wie umgeändert; sie saß fleißig zu Hause, spann
Wolle und war die Bescheidenheit selbst. Aber Alles nur zum
Schein, um dadurch die Zuneigung Jnstinians zu gewinnen, der
damals noch nicht Kaiser war. Sie erreichte auch ihren Zweck
vollkommen, und kaum war Justiuian Kaiser, so heirathete er —
alle Leute verdachten es ihm — die verworfene Theodora und
machte sie zur Kaiserin. Aber so groß ihre Macht nun auch war,
so eifrig nun auch die Schmeichler um ihren Thron krochen, sie
hatte doch keine rechte Freude am Hofe. Ein nicht ganz zu unter- ■
drückendes Gefühl von Scham machte, daß sie sich gern den Blicken
der Höflinge entzog und lieber auf ihren Lustschlössern an den
reizenden Ufern des Meeres von Marmora zubrachte. Jedem sah
sie argwöhnisch ins Gesicht, ob er auch durch eine Miene etwa
seine Verachtung gegen sie verrathe, und immer unterhielt sie eine
Menge von Kundschaftern, die Alles, was über sie Nachtheiliges
gesprochen wurde, sogleich ihr wieder hinterbrachten. Und dann
wehe dem Unbesonnenen! Ihre Rachsucht kannte keine Grenzen.
Viele verschmachteten in tiefen, dunkeln Kerkern; Andere wurden
umgebracht, und Theodora weidete sich oft am Anblick ihrer Qualen.
Jnstinian erfuhr von allen diesen Greueln nicht viel. Er hatte sie
sehr lieb; und wirklich ist sie auch eine treue Gehülfin seiner
Regierung gewesen und hat an Allem, was er Gutes und Großes
gethan hat, vielen Antheil. Wie Schade, daß diese kluge Frau
kein gutes Herz hatte! In ihrem Hause ist sie auch nie glücklich
gewesen. Sie wünschte sich so gern einen Sohn und schickte oft
zum Himmel deswegen die heißesten Gebete; aber vergebens. Es
war als wenn ein Fluch auf ihr ruhte. Endlich bekam sie eine
Tochter und freute sich darüber sehr; aber das Kind starb, ehe es
heranwuchs. Sie selbst war auch immer kränklich und starb vor
dem Kaiser, der sie noch lange beweinte.
Narses hatte endlich (555) nach einem 20jährigen Kriege,
in welchem vor ihm Belisar ausgezeichnet gestritten hatte, das Reich
der Ostgothen in Italien zerstört, und dies Land wurde nun eine
griechische Provinz. Aber die griechischen Kaiser hatten davon nicht
viel Gewinn. Der Krieg hatte das Land verwüstet und 568 brach