Deutschland. Bewohner. Sprache. 
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53. Sitten, Sprache, Gesetze und Religion der deutschen Völker. 
Ein großer Theil der deutschen Stämme, war zur Zeit der 
Völkerwanderung nach fremden Ländern gewandert und hatte hier 
zum Theil fremde Sitten angenommen. Nur die in Deutschland 
zurückgebliebenen bewahrten treu die von den Vorfahren ererbten 
Gesetze, Gewohnheiten und Sprache. Die bedeutendsten derselben 
waren unstreitig die Franken, die am Niederrheine wohnten und 
immer weiter nach Westen, ins nördliche Frankreich vorrückten: ein 
kühner, listiger und kriegsbereiter Volksstamm. In der Mitte von 
Deutschland wohnten die Thüringer; über ihnen, an der Weser, 
im jetzigen Weftphalen und Hannover, die Sachsen, und über 
diesen, an den Ufern der Nordsee, die wilden Friesen. In 
Schwaben saßen die Alemannen, im jetzigen Baiern die Baiern 
(Bojer), und in dem nordöstlichen und östlichen Theile von Deutsch¬ 
land, der jetzt Mecklenburg, Pommern, Brandenburg, Sachsen, 
Böhmen, Mähren und Schlesien heißt, nichts als Wenden und 
Slaven, die sich durch schwarze oder braune Augen und schwarzes 
Haar von den blonden, blauäugigen Deutschen unterschieden und 
auch eine eigene Sprache redeten. Erst im vierten und fünften 
Jahrhundert breitete sich das Christenthum auch unter den deutschen 
Völkerschaften ans, nicht sowohl unter den Stämmen, die in 
Deutschland saßen, als unter denen, welche, wie z. B. die Gothen, 
in die Provinzen des römischen Reiches eindrangen; aber nur sehr 
allmählich. Einer der ersten Bekehrer zum Christenthum war hier 
der wackere Bischof Ulphilas, der zur Zeit des Anfangs der 
Völkerwanderung unter den Gothen lebte und seinen Landsleuten 
die Schreibekunst lehrte. Er übersetzte auch mit vieler Mühe die 
Bibel in ihre Sprache, von welcher Übersetzung wir noch einen 
Theil übrig haben. Mit der Kenntniß der christlichen Religion 
machten die Deutschen nun auch größere Schritte zur Ausbildung 
ihrer Sitten. 
Das Familienleben beruhte auf der Gewalt des Hausvaters 
als Oberhaupt, mit der Verpflichtung, die ©einigen, zu schützen. 
Man nannte dieses „Munt," d. h. Schutz, Aufsicht. Wenn der 
Sohn die Waffen führen konnte, wurde er mündig; die Tochter 
trat bei ihrer Verheirathuug in den Schutz des Gatten über. Das 
Ehebüuduiß wurde mit vielem Gepränge in der Volksversammlung 
oder dem „Mahl" gefeiert, davon sich noch die Wörter: Gemahl,
	        
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